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Grönland: Suizid im Sommer

Erde|Umwelt Gesellschaft|Psychologie

Grönland: Suizid im Sommer
Die lange Polarnacht macht die Menschen in nordischen Ländern depressiv und führt zu exorbitant hohen Selbstmordraten: Dieses weit verbreitete Klischee stimmt nicht, sagen Forscher und berufen sich dabei auf Daten aus Grönland. Demnach geschehen nur 18 Prozent der Suizide im Norden der Insel während der mehr als drei Monate anhaltenden Polarnacht. Die überwiegende Zahl der Selbstmorde wird hingegen in den Monaten begangen, in denen die Sonne nicht oder nur für kurze Zeit hinter dem Horizont verschwindet. Wahrscheinlich gerate durch das lange Tageslicht bei manchen Menschen der Spiegel des Botenstoffs Serotonin so durcheinander, dass solche extremen Taten die Folge seien, berichten Karin Björkstén vom Karolinska-Institut in Stockholm und ihre Kollegen.

In Grönland ist die Suizidrate so hoch wie in kaum einem anderen Land der Welt. Betroffen sind vor allem jüngere Menschen, die auf der von extremem Klima geprägten Insel mit ihren wirtschaftlichen Problemen und ihrer hohen Arbeitslosigkeit keine Zukunft mehr sehen. Doch die Selbstmorde könnten auch mit dem für viele Menschen extrem belastenden Wechsel von Tag und Nacht zusammenhängen, erklären die Forscher, die für ihre Studie sämtliche 1.351 zwischen 1968 und 2002 registrierten Suizide erfassten.

Im Norden der Insel, wo es lediglich im März und April sowie im September und Oktober einen Wechsel zwischen Tag und Nacht gibt und es ansonsten entweder 24 Stunden am Tag hell oder dunkel ist, geschieht jeder zweite Selbstmord in der hellen Jahreszeit, ergab die Auswertung. Zählten die Forscher noch die Monate mit dem Wechsel zwischen Tag und Nacht hinzu, fielen sogar 82 Prozent der Selbstmorde auf die Zeit zwischen März und Oktober. Damit ist die Selbstmordrate in den Wintermonaten sogar geringer als im Sommer. Doch auch in den Regionen südlich des Polarkreises, wo es keine dauerhafte Polarnacht gibt und die Sonne im Sommer noch untergeht, registrierten die Forscher in den Sommermonaten deutlich höhere Selbstmordraten.

In den langen Zeiten konstanten Tageslichts sei es schwierig, einen beständigen Wach-Schlaf-Rhythmus aufrecht zu erhalten und genügend Schlaf zu bekommen, um psychisch gesund zu bleiben, erklärt Björkstén. Bei empfindlichen Menschen könne der Haushalt des Botenstoffs Serotonin so durcheinandergeraten, dass massive psychische Probleme die Folge seien. „Das Tageslicht ist jedoch nur einer von vielen Faktoren in der komplexen Tragödie, wie sie ein Suizid immer bedeutet“, sagt Björkstén.

Karin Björkstén (Karolinska-Institut, Stockholm) et al.: Biomedcentral Psychiatry, Online-Vorabveröffentlichung, doi:10.1186/1471-244X-9-20 ddp/wissenschaft.de ? Ulrich Dewald
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