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Keine Einigkeit beim Zeitgefühl

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Keine Einigkeit beim Zeitgefühl
Wer unter einem Jetlag leidet, schläft nicht selten wie betäubt viele Stunden lang, ohne sich jedoch wirklich zu erholen. US-Forscher haben jetzt herausgefunden, warum das so ist: Durch die Zeitverschiebung geraten zwei Schlafkontrollzentren so aus dem Takt, dass sie nicht mehr synchron arbeiten. Das eine Zentrum reguliert die Tiefschlafphasen, das andere steuert den REM-Schlaf. Während ersteres nur etwa zwei Tage braucht, um sich der neuen Zeitzone anzupassen, arbeitet letzteres häufig erst nach über einer Woche im richtigen Rhythmus. Die Folge ist eine Störung in der natürlichen Abfolge der Schlafphasen ? und das verursacht wiederum die für den Jetlag typische bleierne Müdigkeit, berichten Horacio de la Iglesia und seine Kollegen von der University of Washington.

Bei den beiden Steuerzentren handelt es sich um Nervenzellgruppen in einem Hirnareal namens Suprachiasmatischer Nucleus, kurz SCN. Ein Verband liegt am unteren, ventralen Rand des SCN und erhält Lichtinformationen direkt vom Auge. Seine Aktivität ist dadurch auf den Tag-Nacht-Zyklus abgestimmt. Die andere Gruppe liegt am oberen oder dorsalen Rand des SCN und kann nicht auf Informationen über Licht und Dunkel zurückgreifen ? sie verlässt sich ausschließlich auf interne Signale wie Stoffwechselabläufe oder andere rhythmische Vorgänge im Körper.

Normalerweise arbeiten beide Gruppen synchron. Stimmen jedoch plötzlich die Lichtverhältnisse nicht mehr mit dem gewohnten Rhythmus überein, wie etwa nach langen Flugreisen oder bei Schichtarbeitern, geraten die Steuerzentren aus dem Takt, konnten de la Iglesia und seine Kollegen nun bei Ratten zeigen. Sie stellten die Labortiere von ihrem gewohnten 25-Stunden-Tag auf einen 22-Stunden-Zyklus um, eine Veränderung, die der Zeitverschiebung bei einem Flug von Paris nach New York entspricht. Anschließend passte sich der Rhythmus der Tiefschlafphasen, die vom ventralen Zentrum gesteuert werden, sehr schnell an die neuen Gegebenheiten an. Der REM-Schlaf folgte dagegen nach wie vor dem 25-Stunden-Rhythmus, da sich die zuständige Steuerzentrale nicht auf den neuen Zyklus einstellte. Erst nach sechs bis acht Tagen seien beide Rhythmen wieder synchron gewesen, berichten die Forscher. Bis dahin war die natürliche Abfolge der verschiedenen Schlafphasen bei den Tieren allerdings vollkommen durcheinander.

„Eine Gruppe von Nervenzellen sagt einem, man befände sich in Paris, während die andere sagt, es sei New-Yorker-Zeit. Man ist also innerlich ent-synchronisiert“, erklärt de la Iglesia. Das habe sowohl für die Gesundheit als auch für die kognitive Leistungsfähigkeit Konsequenzen. So haben Schichtarbeiter etwa ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs, und Menschen mit Jetlag leiden überdurchschnittlich häufig unter Lern- und Konzentrationsproblemen. Die neuen Ergebnisse sollen nun helfen, bessere Möglichkeiten zu entwickeln, um den Taktgeber schneller wieder zu synchronisieren.

Horacio de la Iglesia (University of Washington) et al.: Current Biology, Online-Vorabveröffentlichung, doi 10.1016/j.cub.2008.12.042 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel
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