In der Dämmerung fotografierten sie die Attrappe: zunächst vor Beginn des Rufkonzerts, dann immer in dem Moment, wenn der ortsansässige Uhu rief, und nach Abschluss des Konzerts. Kontrastmessungen bestätigten die Vermutung der Forscher: Der weiße Fleck im Gefieder des Uhus war genau in der Zeit des Rufkonzerts wesentlich deutlicher zu sehen als davor oder danach. Der weiße Fleck erhöht demnach in Verbindung mit dem Rufen die Wahrscheinlichkeit, einen Artgenossen zu treffen, folgern die Wissenschaftler. Dies gelte wohl für zahlreiche dämmerungs- und nachtaktive Vögel, die häufig mit einem weißen Brustfleck ausgestattet sind.
Zu ihrer These gelangten die Forscher anhand eines bekannten Phänomens: In den Stunden des Sonnenaufgangs und des Sonnenuntergangs singen viele Vögel besonders intensiv. Zahlreiche Studien haben in den vergangenen beiden Jahrzehnten versucht, eine Erklärung für dieses Verhalten zu finden. Der Fokus lag jedoch auf den tagaktiven Singvögeln, berichten Penteriani und del Mar Delgado.
Dämmerungs- und nachtaktive Vögel zeigen jedoch eine Besonderheit: Sie vollziehen das Ritual der Morgen- und Abendgesänge das ganze Jahr hindurch, während viele Singvögel vor allem im Frühling und Sommer zwitschern. Diese Tatsache schließt nach Ansicht der Forscher eine Reihe von Theorien aus, wonach die Vögel Weibchen beeindrucken, ihr Revier abgrenzen oder ihr Nest verteidigen wollen.
All diese Theorien setzen ein hormongesteuertes Verhalten voraus, das von der Jahreszeit abhängig ist, und treffen somit auf die Nachtvögel nicht zu. Auch die These, dass die Vögel schlicht die Zeit nutzen, bevor die Insekten aktiv werden und sie mit Beutefang beschäftigt sind, trifft auf die Uhus nicht zu: Wildkaninchen, die Hauptbeute der Vögel, sind in der Dämmerung besonders aktiv, die Uhus verwenden also wertvolle Jagdzeit auf ihre Rufe. All das sprach nach Ansicht der Forscher für die Theorie, dass die Vögel ihre Rufkonzerte in Verbindung mit dem weißen Halsfleck entwickelten, um die Aufmerksamkeit ihrer Artgenossen zu wecken und von ihnen gesehen zu werden.