Für ihre Rekonstruktion der Bausteinabfolge des urzeitlichen Virus griffen Feschotte und seine Kollegen daher nun zu einem Trick: Sie verglichen die DNA von sechs Mausmaki-Arten aus Madagaskar miteinander. Mit Hilfe einer Methode namens Molekül-Uhr-Analyse berechneten sie anhand der veränderten Virusbruchstücke, wie die Fragmente des ursprünglichen Virus ausgesehen haben müssen. Diese setzten sie dann zusammen und vervollständigten so den Erbgutaufbau des Virus.
Dabei machten die Forscher noch eine zweite Entdeckung: Das Virus infizierte vor 4,2 Millionen Jahren nicht nur den Mausmaki, sondern nahezu zeitgleich noch eine weitere Lemuren-Gattung, den Fettschwanzmaki. Das ist nach Ansicht der Forscher ein echter Glücksfall, da endogene Lentiviren sehr selten zu sein scheinen. Die Forscher sehen zwei Erklärungsmöglichkeiten für den doppelten Fund: Entweder waren die Halbaffen besonders anfällig für endogene Lentiviren oder der urzeitliche Erreger war besonders geschickt darin, sich in das Erbgut zu integrieren. Beide Möglichkeiten werfen die Frage nach dem Warum auf und könnten zu neuen Erkenntnissen über Lentiviren wie den HI-Virus führen.