Eine neue implantierbare Prothese soll Menschen mit Lähmungen im Gesicht ermöglichen, ihre Augenlider wieder zu bewegen. Die Erfindung haben sich die US-Forscher Craig Senders und Travis Tollefson von der Universität von Kalifornien in Davis bei der Weltorganisation für geistiges Eigentum in Genf in der Schweiz patentieren lassen. Bisher ersetzten äußerlich getragene Prothesen lediglich fehlende oder gelähmte Extremitäten.
Bei dem Verfahren implantieren die Wissenschaftler Patienten mit Gesichtslähmungen künstliche Polymermuskeln direkt unter die Haut des Schädels. Die künstlichen Muskeln ziehen an Fäden, die die Forscher zuvor mit dem unteren und oberen Augenlid verbunden haben. Wenn ein Patient seine Augen verschließen will, gibt das Gehirn normalerweise den Muskeln den Befehl, die Augenlider zu bewegen ? nur dass diese bei einer Gesichtslähmung nicht mehr gehorchen. Die Polymermuskeln können diese elektrische Aktivität aber erkennen und übernehmen stattdessen die Aufgabe der gelähmten Gesichtsmuskeln. Bisher haben die Wissenschaftler das Verfahren jedoch noch nicht an Patienten erprobt. Testoperationen an Leichen seien jedoch vielversprechend verlaufen, erklären die Forscher.
In Zukunft könnte die Erfindung auch genutzt werden, um Augenlidreflexe nachzuahmen. Beispielsweise schließt der Mensch die Augen automatisch, um sie vor grellem Sonnenlicht oder herannahenden Insekten zu schützen. Um diesen Reflex nachzuahmen, müsste noch ein entsprechender Sensor implantiert werden. Die Wissenschaftler können sich noch weitere Anwendungen für die implantierbare Prothese vorstellen, beispielsweise in Form einer künstlich bewegten Membran, die gelähmten Menschen beim Atmen hilft. Implantate könnten bei diesen Patienten auch wieder Leben in Finger oder Hände bringen.
Onlinedienst des New Scientist ddp/wissenschaft.de ? Helmine Braitmaier