Ein schnelles Flimmern wirkt wie Doping fürs Auge: Wer auf ein Flackern mit einer Frequenz von ungefähr 50 Hertz blickt, kann kurz darauf Gegenstände an dieser Stelle schneller wahrnehmen und auch besser erkennen, hat ein deutsch-britisches Forscherteam gezeigt. Verantwortlich dafür ist wahrscheinlich eine Reaktion des Sehzentrums auf das Flimmern ? die Nervenzellen dort scheinen ihre Aktivität auf die Frequenz des Aufleuchtens abzustimmen. Auf diese Weise richtet das Gehirn seine Aufmerksamkeit wie eine Art internen Spot auf den Standort des Flackerns, ohne dass es jedoch bewusst wahrgenommen wird, schreiben Frank Bauer von der Ludwig-Maximilians-Universität in München und seine Kollegen.
Schon länger beschäftigen sich Psychologen mit der Frage, wie das Gehirn aus dem Überschuss an Gegenständen und Objekten, die das Auge ständig wahrnimmt, diejenigen auswählt, auf die es seine Aufmerksamkeit richtet. Eine Theorie: Sobald etwas als wichtig erkannt wird, markiert ein übergeordnetes Kontrollzentrum das Objekt oder auch nur dessen Position mit einem internen Marker, so dass es in den Fokus der Wahrnehmung gerät. Dieser Marker, glauben Forscher, ist eine Synchronisation der elektrischen Aktivität einer Gruppe von Nervenzellen im Sehzentrum des Gehirns. Feuern sie im gleichen Rhythmus, beschleunigt sich die Wahrnehmung und auch die Verarbeitung des Gesehenen im Gehirn.
Sollte diese Vermutung stimmen, müsste sich die Beschleunigung auch künstlich herbeiführen lassen, lautete nur die Arbeitshypothese von Bauer und seinen Kollegen. Um das zu testen, ließen die Forscher Freiwillige auf einen Monitor schauen, auf dem drei Streifenmuster dargestellt waren. Ihre Aufgabe war es, beim Erscheinen der Muster oder bei einer Veränderung an den Streifen auf einen Knopf zu drücken. Einige der Abbildungen flimmerten dabei sichtbar, während andere etwa 50-mal pro Sekunde heller und dunkler wurden ? eine Frequenz, die der entspricht, mit der die Nervenzellaktivität im Sehzentrum fluktuiert und die bewusst nicht wahrnehmbar ist.
Obwohl keiner der Testteilnehmer das schnelle Flimmern bemerkte, sei der Effekt unerwartet eindeutig gewesen, schreiben die Wissenschaftler: Die Geschwindigkeit, mit der das Erscheinen der Muster registriert wurde, habe messbar zugenommen, während die Probanden gleichzeitig sensibler auf Veränderungen reagierten. Das Flimmern habe also offenbar tatsächlich das Sehzentrum auf die Aufgabe eingestimmt und es leistungsfähiger gemacht. Allerdings müsse es mindestens 300 Millisekunden anhalten, um diese Wirkung zu erzielen, und der Effekt verschwinde zudem nach etwa einer Viertelsekunde.
Als nächstes wollen die Forscher während eines solchen Tests die Gehirnströme der Probanden, vor allem das sogenannte Gamma-Band, aufzeichnen, um die vermutete Synchronisation direkt beobachten zu können.
Frank Bauer (Ludwig-Maximilians-Universität, München) et al.: PNAS, Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1073/pnas.0810496106 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel