Ein Blumenstrauß sagt mehr als tausend Worte ? und das im ganz wörtlichen Sinn, hat ein dänisches Forscherteam gezeigt: Symbolische Geschenke oder Gesten wie eben das Überreichen eines Rosenbouquets aktivieren im Gehirn die gleichen Bereiche, die auch für das Verarbeiten von Sprache zuständig sind. Sieht man die Blumen hingegen in einem anderen Umfeld wie etwa auf einer blühenden Wiese, bleibt diese Reaktion aus. Die Sprachzentren im Gehirn können also viel mehr, als lediglich Wörter abarbeiten, lautet das Fazit von Studienleiter Kristian Tylén und seinen Kollegen von den Universitäten in Odense, Aarhus und Højbjerg: Sie erkennen auch Symbole, die allein durch eine Veränderung des Kontexts aus normalen Alltagsgegenständen entstehen.
Die Forscher zeigten einigen Freiwilligen Bilder von Gegenständen in zwei verschiedenen Kontexten: Einmal waren sie so arrangiert, dass sie eine symbolische Bedeutung bekamen wie etwa ein auf einer Türschwelle abgelegter Blumenstrauß, und einmal waren sie in einem vertrauten Umfeld zu sehen, wie etwa blühende Blumen in einem Garten. Während sich die Probanden die Bilder ansahen, beobachteten die Wissenschaftler ihre Gehirne mit Hilfe der
funktionellen Magnetresonanztomographie, mit der der Blutfluss und damit die Aktivität der verschiedenen Hirnregionen sichtbar gemacht werden kann.
Das Ergebnis: Auf den symbolischen Kontext reagierten Hirnregionen wie der Gyrus fusiformis, der auch fürs Lesen zuständig ist, und der an der Entschlüsselung von Sprachbedeutung beteiligte untere frontale Cortex messbar stärker als auf die natürliche Umgebung. Auch Kunstinstallationen, die an ungewöhnlichen Orten platziert waren, riefen eine Aktivität hervor, die sonst vor allem mit Sprache in Verbindung gebracht wird ? und zwar vor allem in den Arealen, in denen ungewöhnliche Metaphern verarbeitet werden.
Die Beobachtungen ergänzen frühere Ergebnisse, nach denen auch Körpersprache und Gesichtsausdrücke vom Gehirn ähnlich behandelt werden wie Sprache. „Das zeigt, dass Sprache mit vielen unserer Aktivitäten verflochten ist“, fasst Tylén zusammen. Die traditionellen Sprachzentren im Gehirn sollten daher eher als allgemein für Symbole und deren Bedeutung zuständige Areale betrachtet werden.
New Scientist, 11. Oktober, S. 16 Originalarbeit der Forscher: Kristian Tylén et al.: Brain and Language, DOI:10.1016/j.bandl.2008.07.002. ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel