Einen ganzen Sommer lang beschäftigte sich Shimomura damit, Exemplare dieser Quallenart zu sammeln, ihre Ränder abzuschneiden und diese auszuquetschen. Am Ende hatte er aus etwa 10.000 Tieren einige wenige Milligramm eines Proteins isoliert, das allerdings nicht grün, sondern blau leuchtete. Er nannte es Aequorin ? und erwähnte in seiner offiziellen Beschreibung des Verfahrens 1962 zum ersten Mal auch ein anderes Protein, das im Sonnenlicht grünlich, unter Kunstlicht gelblich und im UV-Licht fluoreszierend grün leuchtete: das GFP.
Während der 1970er Jahre charakterisierte der Wissenschaftler das Eiweißmolekül und speziell seinen farbgebenden Teil, das Chromophor, genauer. Überraschende Erkenntnis: GFP benötigt im Gegensatz zu vielen anderen leuchtenden Proteinen keinerlei zusätzliche Chemikalien, Ionen oder sonstige Additive, um zu leuchten.
Genau diese Besonderheit war es, die den zweiten Schritt auf dem Weg zum biotechnologischen Superwerkzeug überhaupt erst möglich machte. Er begann damit, dass Martin Chalfie 1988 von GFP hörte ? und sofort aufmerksam wurde: Das Protein schien ihm ein optimales Werkzeug, um sein Forschungsobjekt, den transparenten Fadenwurm Caenorhabiditis elegans, noch detaillierter untersuchen zu können. Seine Idee: Würde es gelingen, das Gen für GFP mit dem eines anderen Proteins zu koppeln, würde immer dann, wenn eine Zelle dieses Gen abliest und das darauf kodierte Protein produziert, gleichzeitig auch GFP entstehen ? und sich mit seinem charakteristischen grünen Leuchten verraten. Auf diese Weise könnten Forscher sozusagen live und in Farbe beobachten, wann und wo welches Gen an- oder ausgeschaltet wird.
Die Voraussetzung dafür ? die Identifizierung und Klonierung des GFP-Gens im Quallengenom ? schuf Chalfies Kollege Douglas Prasher 1992. Im gleichen Jahr noch gelang es Chalfie und seiner Mitarbeiterin Ghia Euskirchen, das Gen so in die im Labor häufig für solche Zwecke verwendeten E. coli-Bakterien einzuschleusen, dass die Mikroben tatsächlich funktionsfähiges GFP produzierten. Das sei vor allem deswegen ein unerwarteter Durchbruch gewesen, weil Wissenschaftler in den 1990er Jahren angenommen hätten, fluoreszierende oder farbige Proteine könnten nur mit Hilfe einer ganzen Reihe zusätzlicher Hilfsproteine und in mehreren Schritten hergestellt werden, so das Nobelkomitee in seiner Begründung.
1994 schließlich setzte Chalfie das leuchtende Protein zum ersten Mal innerhalb eines lebenden Organismus ein: Er stattete sechs Nervenzellen in C. elegans mit dem GFP-Gen aus ? und brachte die Zellen allein mit einer Berührung zum Leuchten.
Diese Arbeit war wiederum die Basis für Roger Tsiens Beitrag, dem letzten Schritt auf dem Weg. Der Physiologe schaute sich die chemischen Eigenschaften des 238 Aminosäuren langen GFPs genauer an und konzentrierte sich ebenfalls vor allem auf das Chromophr. Seine Entdeckung: Für die korrekte Bildung des farbgebenden Anteils sind hauptsächlich drei Aminosäuren verantwortlich. Werden diese verändert, beginnt das Protein plötzlich in völlig neuen Farben zu leuchten ? blau, gelb und cyanfarben. Nur Rot ließ sich auf diesem Weg nicht erreichen, stellte Tsien fest. Gerade diese Farbe ließe sich jedoch in der Zellbiologie besonders gut nutzen, denn rotes Licht dringt sehr gut durch Zellwände.
Mittlerweile ist jedoch auch dieses Problem gelöst: Tsien gelang es, ein rot fluoreszierendes Protein aus Korallen so umzubauen, dass es ebenfalls leicht innerhalb von Zellen hergestellt werden kann. 46 Jahre nach der Entdeckung von GFP stehen Wissenschaftlern daher GFP-artige Proteine in allen Farben des Regenbogens zu Verfügung, mit denen auch mehrere zelluläre Prozesse gleichzeitig sichtbar gemacht werden können.