Obwohl die Erdatmosphäre eine flüchtige Gashülle ist, wird sie von unsichtbaren Barrieren durchzogen ? und zwar nicht nur von meteorologischen, sondern auch von chemischen Grenzen. Eine davon befindet sich nördlich der australischen Stadt Darwin, haben Forscher um Jacqueline Hamilton von der Universität York entdeckt: Eine 50 Kilometer breite Zone, die die Forscher “chemischer Äquator” nennen, trenne die verschmutzten Schwaden der Nordhalbkugel von der reinen Luft der südlichen Hemisphäre.
Bislang hatten Luftchemiker angenommen, dass Barrieren für Schadstoffe vor allem durch meteorologische Grenzen gebildet werden. Die Passatwinde verhindern zum Beispiel, dass sich die Luft von Nord- und Südhalbkugel vermischen kann. Denn die Passatwinde aus beiden Hemisphären treffen in einer Tiefdruckrinne in der Nähe des Äquators, der sogenannten innertropischen Konvergenzzone, aufeinander. Diese Zone ist durch aufsteigende Luftmassen, zahlreiche Quellwolken und häufige Niederschläge geprägt. Weil die Luft auf beiden Seiten der Zone getrennt zirkuliert, kann der Dreck aus Industrieanlagen, Waldbränden und Verbrennungsprozessen nicht vom Norden in den Süden vordringen, so die bisherige Vorstellung.
Der chemische Äquator, den Hamilton und ihre Kollegen nun durch Flugzeugmessungen aufspürten, lag dagegen ein gutes Stück nördlich der innertropischen Konvergenzzone. Auf dem 50 Kilometer breiten Streifen stieg die Konzentration des Gases Kohlenmonoxid, das bei unvollständiger Verbrennung oder bei der Oxidation von Methan in der Atmosphäre entsteht, um das Vierfache.
Die Forscher schreiben, dass der Unterschied zwischen den Luftmassen besonders auffällig war, weil sich in Indonesien zum Zeitpunkt der Messungen gerade starke Waldbrände ereigneten, während auf der Südhalbkugel gerade besonders reine Luft aus der Antarktis herantransportiert wurde.
Hamilton führt die unsichtbare Grenze, die auch bei klarem Himmel Bestand hatte, auf ein besonders warmes Meeresbecken nördlich von Australien zurück. “Das Wetter in dieser Region wird von Sturmsystemen dominiert, weil die Wassertemperaturen so hoch sind”, sagte die Forscherin. “Es könnte sein, dass diese Stürme die Schadstoffe wie eine Pumpe in die höhere Atmosphäre transportieren.” Dort könnten die Stoffe länger verharren als in tieferen Luftschichten und sich über die ganze Welt verteilen.
Jacqueline Hamilton (University of York, England) et al.: Journal of Geophysical Research – Atmospheres, DOI: 10.1029/2008JD009940, in Press Ute Kehse