Die heutige Braukunst hat ihre Ursprünge in den bayerischen Braukellern des 16. Jahrhunderts: In den kühlen Kellern entwickelte sich die eher ungern genutzte Bierhefe Saccharomyces bayanus besonders gut und verband sich mit der bislang favorisierten Hefe S. cerevisiae zu einer neuen Hefeart, S. pastorianus, die seither das Braugeschäft etwa bei klarem Pils dominiert. Diese „Heirat“ beider Hefearten hat sich unabhängig voneinander, mindestens zweimal ereignet, haben Forscher um Gavin Sherlock von der Universität in Stanford herausgefunden. Die Hefelinien der Art S. pastorianus sind heute die Basis für unzählige Lagerbiere, darunter auch das beliebte Pils.
Die Forscher untersuchten das Erbgut von 17 Bierhefeproben aus den Jahren 1883 bis 1976. Daraus konnten sie die genetische Evolution der Hefe rekonstruieren und mit den Brauereitraditionen der Länder in Verbindung bringen. Lieblingshefe der Brauer war lange Zeit S. cerevisiae, die Zucker sehr effizient in Alkohol umsetzt. S. bayanus verarbeitet Zucker weniger effizient, arbeitet dafür aber noch gut bei tieferen Temperaturen. Durch die tiefen Temperaturen in den Kellern und die Auswahl der Hefe durch die Brauer auf der Suche nach optisch und geschmacklich besserem Bier hat sich eine dritte Hefeart, S. pastorianus, durch Erbgutkombination gebildet.
Damit hätten die Brauer unwissentlich die Vorzüge beider Hefen kombiniert und genutzt, vermuten die Forscher. Sie hätten nun bessere Möglichkeiten gehabt, Geschmacksrichtung und Lagerfähigkeit des Biers zu beeinflussen. Künstliche genetische Eingriffe in die Bierhefe, etwa zur geschmacklichen Weiterentwicklung eines Bieres, seien technisch allerdings nur sehr schwer möglich und daher vermutlich wirtschaftlich nicht interessant, erklärt Sherlock.
Gavin Sherlock (Universität in Stanford, USA) New Scientist, Onlinedienst Originalarbeit der Forscher: Gavin Sherlock and Barbara Dunn (Universität in Stanford, USA) et al.: Genome Research, DOI: 10.1101/gr.076075.108. ddp/wissenschaft.de ? Martin Schäfer
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