Für Mineralölfirmen sind Mikroben in einer Lagerstätte eigentlich ein Ärgernis: Die Einzeller können hochwertiges Rohöl in eine ökonomisch unbrauchbare, teerartige Masse verwandeln. Doch die Erdölfresser könnten auch nützlich sein, berichtete Friedrich Widdel vom Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie in Bremen auf einer Tagung in Dublin: Sie besitzen wahrscheinlich einzigartige, hilfreiche Enzyme zum Zerlegen der Kohlenwasserstoffe. Solche Enzyme könnte die Erdölindustrie nutzen, um Katalysatoren zur Aufspaltung der verschiedenen Erdölbestandteile zu entwickeln.
Erdöl ist eigentlich keine besonders gute Energiequelle für Lebewesen. „Auch wenn wir Kohlenwasserstoffe als Brennstoffe benutzen, sind sie bei Raumtemperatur nicht besonders reaktionsfreudig, insbesondere, wenn kein Sauerstoff vorhanden ist“, sagte Widdel. Erstaunlicherweise gibt es aber eine Vielzahl von Mikroben, die Kohlenwasserstoffe auch in Abwesenheit von Sauerstoff verdauen können. Widdel vermutet daher, dass Kohlenwasserstoffe ? von der einfachsten Verbindung Methan bis hin zu aromatischen Verbindungen wie Benzol oder Toluol ? schon früh in der Erdgeschichte als Nahrungsquelle zur Verfügung standen. „Bakterien und Archäen, die im Erdöl leben, könnten schon zu Beginn der Evolution erschienen sein“, sagte der Forscher.
Um die schwer zugängliche Nahrungsquelle zu nutzen, haben die Mikroben im Untergrund teilweise ungewöhnliche Strategien entwickelt. So sind zwei Sorten von Mikroorganismen eine Gemeinschaft eingegangen, um den anaeroben Abbau von Methan überhaupt zu ermöglichen. Ölfresser sind selbst bei niedrigen Temperaturen unter zehn Grad Celsius noch aktiv. Einige der Mikroben leben in unterirdischen, Grundwasser führenden Schichten und bauen dort Verunreinigungen durch Erdöl auf natürliche Weise ab.
Mitteilung der Society for General Microbiology Ute Kehse