Säugetiere haben in ihrer Nase einen Sensor, der auf das Aufspüren chemischer Alarmsignale spezialisiert ist. Dieses sogenannte Grüneberg-Ganglion spricht auf Pheromone an, die Artgenossen bei Gefahr abgeben, fanden Forscher um Julien Brechbühl von der Universität in Lausanne heraus. Das Ganglion besteht aus einer dichten Ansammlung runder Zellen in der Nähe der Nasenspitze. Seit seiner Entdeckung im Jahr 1973 war seine Funktion unklar.
Um der Bedeutung dieser mysteriösen Struktur auf die Spur zu kommen, untersuchten die Schweizer Wissenschaftler die Reaktion von Mäusen, bei denen sie die Fortsätze der Grüneberg-Ganglion-Zellen kurz nach der Geburt durchtrennt hatten. Mäuse ohne diesen Eingriff reagierten mit Erstarren, wenn sie Alarmpheromonen ausgesetzt wurden, was neben Angriff oder Flucht einer typischen Verhaltensweise bei Gefahr entspricht. Im Gegensatz dazu schienen die behandelten Mäuse die Gefahrensignale nicht wahrzunehmen und rannten weiter in ihrem Käfig auf und ab. Im Prinzip funktionierte ihr Geruchssinn jedoch normal: Genauso gut wie die unbehandelten Mäuse konnten die Tiere einen versteckten Keks im Käfig aufspüren.
Alarmpheromone werden nicht nur von primitiven Organismen wie Würmern wahrgenommen, sondern auch von höheren Lebewesen. So haben Wissenschaftler das Grüneberg-Ganglion bisher bei allen Säugetieren gefunden, die darauf untersucht wurden, einschließlich des Menschen. Obwohl diese Struktur nicht alle typischen Eigenschaften der sonstigen zum Riechen eingesetzten Neuronen aufweist, wird das Grüneberg-Ganglion dem olfaktorischen System zugeordnet.
Julien Brechbühl (University of Lausanne, Schweiz) et al.: Science, Bd. 321, S. 1092 ddp/wissenschaft.de ? Sonja Römer