“Vermutlich ist die höhere Abstoßungsrate auf Abwehrreaktionen des Immunsystems zurückzuführen, die mit dem männlichen Y-Chromosom zu tun haben”, erklärt Gratwohl. “Deshalb sollte in Zukunft auch das Geschlecht berücksichtigt werden, wenn eine Entscheidung über eine Organtransplantation getroffen wird.” Gratwohl und seine Kollegen nehmen zudem an, dass männliche Empfänger von einer männlichen Niere mehr profitieren, da diese größer ist und mehr Nierenkörperchen enthält, die den Wasserhaushalt regulieren. Frauen dagegen kommen nach Annahme der Mediziner auch mit einer geringeren Zahl an Nierenkörperchen aus. Für sie wäre daher eine weibliche Niere günstiger, da diese vom Körper besser angenommen wird, so Gratwohl.
Immunfunktionen, die mit dem Y-Chromosom zusammenhängen und zur Abstoßung von Organen führen können, sollten in Zukunft genauer untersucht werden, betont Connie L. Davis, Nierenexpertin an der Universität Washington in Seattle (USA). Allerdings seien die Ergebnisse im Moment noch zu vorläufig, um zu empfehlen, nur gleichgeschlechtliche Organe zu transplantieren. “Denn langfristig ist der Erfolg auch bei unterschiedlichem Geschlecht von Spender und Empfänger gut”, sagt Davis. “Außerdem sollte man berücksichtigen, dass meist nur wenige Spenderorgane zur Verfügung stehen”.