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Die Mär von den faulen Faultieren

Erde|Umwelt

Die Mär von den faulen Faultieren
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Mit einem nur 11 Gramm schweren EEG-Messgerät auf dem Kopf der Faultiere kamen die Forscher dem natürlichen Schlafverhalten auf die Spur. Bild: Bryson Voirin
In ihrem natürlichen Lebensraum schlafen Faultiere täglich etwa 6 Stunden weniger als ihre Artgenossen in Gefangenschaft. Insgesamt schlafen die Tiere damit nur 9,6 Stunden pro Tag, fanden Forscher um Niels Rattenborg vom Max-Plank-Institut in Starnberg heraus. Für ihre Untersuchungen im tropischen Regenwald nutzten die Wissenschaftler ein neu entwickeltes tragbares Gerät zur Messung der Gehirnaktivität, das sie am Kopf der Faultiere befestigten.

Studien zum Schlafverhalten von Tieren fanden bislang ausschließlich an Tieren in Gefangenschaft statt. Nur unter Laborbedingungen waren die technisch relativ aufwendigen Untersuchungen möglich, bei denen die Hirnströme der Tiere durch Elektroenzephalografie (EEG) gemessen wurden. Mit einem neu entwickelten Miniatur-EEG-Rekorder war es dem Team um Rattenborg nun erstmals möglich, den Schlaf von Dreifinger-Faultieren in ihrer natürlichen Umgebung zu untersuchen. Dafür fingen sie die Tiere ein, befestigten das EEG-Gerät auf dem Kopf der Faultiere und ließen sie dann wieder frei. Das kleine Messgerät wiegt mit Batterien lediglich 11 Gramm und beeinträchtigt die Tiere daher laut Rattenborg kaum.

Die aufgezeichneten Daten überraschten die Forscher: Bisherige Studien im Labor hatten ergeben, dass die Tiere knapp 16 Stunden pro Tag schlafen, doch den neuen Aufzeichnungen zufolge verbringen Faultiere in ihrer natürlichen Umgebung nur etwa 9,6 Stunden täglich schlafend. Zwar kann laut Rottenburg nicht ausgeschlossen werden, dass das unterschiedliche Alter der untersuchten Tiere in Gefangenschaft und in der Wildnis Einfluss auf das abweichende Schlafverhalten hatte. Er vermutet aber, dass die unterschiedlichen Lebensumstände den Ausschlag geben: “Faultiere in freier Wildbahn müssen sich ihr Futter selbst suchen und wachsam gegenüber Feinden sein. Daher schlafen sie vielleicht nur soviel, wie notwendig ist. Möglicherweise schlafen sie dafür tiefer als Tiere in Gefangenschaft”, erläutert er gegenüber wissenschaft.de.

Versuche an Tieren in Gefangenschaft könnten zu falschen Schlüssen führen, sagt Rattenborg. Die vergangenen 40 Jahre über hätten Forscher versucht, herauszufinden, warum einige Tierarten mit weniger Schlaf auskommen als andere. Auf diese Weise wollte man der Funktion des Schlafs auf die Spur kommen. “Wie sich nun gezeigt hat, kann das Schlafverhalten von Tieren in Gefangenschaft ganz anders sein als in ihrer natürlichen Umgebung”, erklärt Rattenborg, “In der Natur nehmen Tiere möglicherweise mit einem Minimum an Schlaf vorlieb. Wenn wir die natürlichen Unterschiede im Schlafverhalten verschiedener Tierarten weiter erforschen und diese eines Tages erklären können, verstehen wir vielleicht auch den Grund, warum Menschen schlafen.” Er vermutet, dass die Ergebnisse seines Teams andere Forscher ermutigen werden, mit dieser Technik ebenfalls Tiere in freier Wildbahn zu untersuchen. Er selbst möchte die Versuche mit dem tragbaren EEG in Zukunft an Straußen fortsetzen.

Niels Rattenborg (Max-Plank-Institut, Starnberg) et al.: Biology Letters, DOI: 10.1098/rsbl.2008.0203 ddp/wissenschaft.de ? Michael Böddeker
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