Aus dem Ergebnis schließen die Forscher, dass die Wale vor etwa 33 Millionen Jahren erstmals Extrem-Tauchgänge wagten. Nach heutigen Erkenntnissen stammen die Wale von urzeitlichen Huftieren ab, die vor etwa 55 Millionen Jahren begannen, das Wasser als Lebensraum zu erobern. Die allerersten Wale lebten amphibisch, wahrscheinlich ähnlich wie Krokodile, doch vor etwa 45 Millionen Jahren war der Urwal Basilosaurus bereits so sehr an das nasse Element angepasst, dass seine Beine vollständig in Flossen umgewandelt waren. Doch Basilosaurus und nah verwandte Urwale tauchten offenbar nicht tief, berichten Beatty und seine Kollegen in der Zeitschrift „Naturwissenschaften“: Keiner der frühen Wale zeigte Anzeichen der Taucherkrankheit.
Erst bei den ältesten Vorfahren der modernen Barten- und Zahnwale, die sich vor gut 33 Millionen Jahren als Folge veränderter Meeresströmungen entwickelten, entdeckten die Forscher verräterische Verletzungen an den Wirbeln. „Das waren wahrscheinlich kleine, regelmäßige Schäden und nichts Traumatisches“, sagte Beatty dem „New Scientist“. Der Forscher sieht die Schäden als Zeichen dafür, dass die Wale damals begannen, die Tiefsee als Lebensraum zu erobern. Vollständig angepasst an die Bedürfnisse des Tieftauchens seien sie damals aber noch nicht gewesen.
Die Forscher schließen aus der Stellung der betroffenen Arten im Stammbaum, dass Zahn- und Bartenwale die notwendigen Anpassungen unabhängig voneinander entwickelten und nicht, wie bislang angenommen, von einem gemeinsamen tieftauchenden Vorfahren abstammen. Die Zahnwale drangen demnach zuerst in die Tiefsee vor, die Bartenwale folgten erst einige Millionen Jahre später.
Inzwischen sind die Wale perfekt an ihren scheinbar feindlichen Lebensraum angepasst. Selbst bei Pottwalen und Schnabelwalen, die von allen Meeressäugern am tiefsten und längsten tauchen, entdeckten die Forscher keine Spuren der Taucherkrankheit. Höchstens Störungen durch den Menschen könnten dafür verantwortlich sein, dass Schnabelwale zuweilen doch schneller auftauchen, als es gut für sie ist. Nach Militärübungen im Mittelmeer wurden Massenstrandungen von Schnabelwalen beobachtet. Die verendeten Tiere wiesen Fett- und Gasembolien auf. Die Forscher vermuten, dass die Tiere ihr Tauchverhalten änderten, weil sie durch die akustischen Signale des Militärsonars gestört wurden.