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Entzauberung der "Grünen Fee"

Erde|Umwelt

Entzauberung der "Grünen Fee"
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Der Thujongehalt von Absinth war Anfang des 20. Jahrhunderts geringer als bislang angenommen.
Einzig der Alkohol verlieh dem bis Anfang des 20. Jahrhunderts vor allem in der Künstlerszene populären Modegetränk Absinth seine fatale Wirkung. Die Konzentration der darin ebenfalls enthaltenen cannabisähnlichen Substanz Thujon war hingegen zu gering, als dass sie eine merkliche Wirkung auf die Konsumenten gehabt haben könnte. Das haben Wissenschaftler um Dirk Lachenmeier vom Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Karlsruhe bei Analysen historischer Absinthflaschen nachgewiesen, die vor dem 1915 in Frankreich in Kraft getretenen Verbot abgefüllt worden waren.

In der Literatur wird immer wieder über die schädigende Wirkung der aus Wermut, Anis, Fenchel und anderen Kräutern hergestellten Bitterspirituose berichtet: Bewusstseinsstörungen, Halluzinationen, Verfall des Gedächtnisses und Kontrollverlust gehörten zu den typischen Symptomen starker Absinthtrinker. Zurückgeführt wurde dies vor allem auf den Inhaltsstoff Thujon, der im Gehirn eine ähnliche Wirkung entfaltet wie der Cannabis-Wirkstoff THC. Als im Jahr 1991 in der EU Absinth wieder produziert werden durfte, wurde daher ein eigener Grenzwert für den Thujon-Gehalt festgelegt, um Konsumenten vor diesen schädigenden Wirkungen zu schützen.

Doch selbst der Absinth, wie er bis zum Verbot 1915 ausgeschenkt wurde, enthielt kaum mehr Thujon, fanden Lachenmeier und seine Kollegen heraus: Die Wissenschaftler hatten in Frankreich, der Schweiz, Spanien, Italien, den Niederlanden und in den USA versiegelte Flaschen mit dem Getränk aufgespürt und analysiert. Der Thujon-Gehalt lag in den meisten Fällen unter dem aktuellen EU-Grenzwert von 35 Milligramm Thujon pro Liter. Die Forscher konnten damit den unter Absinth-Anhängern verbreiteten Mythos ausräumen, nach dem vor hundert Jahren Absinth mit weit über 200 Milligramm Thujon je Liter verbreitet war ? eine Konzentration, in der durchaus psychogene Wirkungen zu erwarten gewesen wären. Die beschriebenen Schäden des auch Absinthismus genannten chronischen Konsums gingen daher wohl auf den hohen Alkoholgehalt von bis zu 70 Prozent zurück.

Um die Bitterspirituose ranken sich zahlreiche Legenden. “Die grüne Fee” nannten Anhänger ihr Getränk, das in der der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vor allem in Frankreich in Kreisen der Bohème immer beliebter wurde. Prominente Konsumenten waren Künstler wie Vincent van Gogh oder Henri Toulouse-Lautrec. Absinthtrinker waren auch ein beliebtes Motiv in der Kunst, unter anderem in Bildern von Edgar Degas oder Eduard Manet.

Dirk Lachenmeier (Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Karlsruhe) et al.: Journal of Agricultural and Food Chemistry, DOI: 10.1021/jf703568f ddp/wissenschaft.de ? Ulrich Dewald
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