Die Heringe im zentralafrikanischen Tanganjikasee sind die Abkömmlinge von Salzwasserfischen, auch wenn der See nie eine direkte Verbindung zum Meer hatte. Die Vorfahren der Heringe waren vor 25 bis 50 Millionen mit dem damals weit ins Landesinnere vordringenden Meer ins Innere des Kontinents gelangt. Als sich in den folgenden Jahrmillionen das Wasser zurückzog, verbreiteten sich der Hering und auch andere ehemals im Meer lebende Organismen über Flüsse und Seen im zentralen Afrika und erreichten schließlich auch den Tanganjikasee, haben Forscher um Anthony Wilson herausgefunden.
Bislang galt es als ein Rätsel unter Forschern, wie die Heringe in den Tanganjikasee gelangt sind. Auch viele andere Organismen wie Krebse, Schnecken und Garnelen in diesem sechstgrößten See der Erde haben deutliche Ähnlichkeiten mit Verwandten aus dem Meer. Geologischen Untersuchungen zufolge ist es ausgeschlossen, dass der See jemals mit dem offenen Meer Verbindung hatte.
Die Forscher um Wilson stellten daher einen Stammbaum von Heringen verschiedener Arten und Unterarten in afrikanischen Gewässern auf. Außerdem bestimmten sie aus Fossilien, wo die Fische verbreitet waren. Daraus konnten sie ableiten, dass vor rund 25 bis 50 Millionen Jahren, als sich das Meer aus Überflutungsgebieten in Afrika wieder zurückzog, die Heringe die Süßwasserseen in Westafrika besiedelten. Über diese westafrikanischen Gewässer haben sich die Heringsarten dann weiter bis ins zentrale Afrika verbreitet ? auch bis zum Tanganjikasee. Dort spaltete sich der Hering dann vor zwei bis 16 Millionen Jahren in die zwei dort heute noch vorkommenden Unterarten auf.
Der Tanganjikasee ist der größte und älteste See in Zentralafrika. Er zählt zu den artenreichsten Gewässern der Welt.
Anthony Wilson (Universität Zürich) et al.: PloS ONE, Bd. 3, Seite e1979 ddp/wissenschaft.de ? Martin Schäfer