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Wie Tumoren den Strahlenschutz verbessern können

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Wie Tumoren den Strahlenschutz verbessern können
US-Forscher haben einen Wirkstoff entwickelt, der vor den schädlichen Nebenwirkungen von Strahlentherapien schützt: Er ahmt einen Trick nach, der auch Krebszellen widerstandsfähig macht ? er verhindert, dass die Strahlung in Knochenmark und Magendarmtrakt das zelleigene Selbstmordprogramm auslöst. In ersten Tests reichten bereits geringe Mengen des Wirkstoffs aus, um Mäuse und Rhesusaffen selbst hohe Strahlendosen gut überstehen zu lassen. Zudem kann das Mittel vor der Bestrahlung oder danach verabreicht werden, so dass es auch nach Unfällen in Kernkraftwerken eingesetzt werden könnte. Die ersten klinischen Tests könnten schon bald beginnen, hoffen die Entwickler.

Angeschlagene Körperzellen verhalten sich wie Selbstmordkandidaten, verdeutlicht Co-Autor Andrei Gudkov in einem Interview mit dem Fachblatt „Science“: Sie dächten zwar über Selbstmord nach, legen diesen Plan jedoch auf Eis und mobilisieren alle möglichen Ressourcen, wenn sie auf dunkler Straße angegriffen würden. Genau solch eine Verteidigungsstrategie sei auch ein zellinterner Signalweg namens NF-kappaB: Er wird bei einem Angriff etwa durch Mikroben vorübergehend aktiviert, löst dann eine Entzündungsreaktion aus und blockiert gleichzeitig das zelluläre Selbstmordprogramm, die sogenannte Apoptose. Ist die Gefahr vorüber, stellt er sich wieder ab und gibt auch das Selbstmordprogramm wieder frei. In Tumorzellen ist NF-kappaB hingegen ständig aktiv ist und gaukelt der Zelle einen Angriff vor. Die Folge: Die Zellen bleiben resistent gegen die Apoptose und vermehren sich weiter.

Mit dem neuen Strahlenschutzmedikament sollte genau diese Daueraktivierung pharmakologisch nachgeahmt werden, erklärt Gudkov ? schließlich habe eine Strahlentherapie vor allem deswegen so starke Nebenwirkungen, weil sie gesunde Knochenmarks- und Darmzellen in den Selbstmord treibt. Um dabei keine überschießende Immunreaktion zu provozieren, habe man sich für einen Aktivator entschieden, der von Bewohnern der natürlichen Darmflora produziert wird. Zudem löst er nur in den Körperzellen das Abwehrprogramm aus, die mit einem bestimmten Oberflächeneiweiß ausgestattet sind. Das seien vor allem Zellen im Knochenmark und im Dünndarm, genau jenen Geweben also, die durch die Bestrahlungen am meisten leiden.

Nach einigen biochemischen Veränderungen sei der Aktivator sehr effizient und „stabil wie die Hölle“ gewesen, wie Gudkov es formuliert. Nebenwirkungen habe es weder bei den Affen noch bei den Mäusen gegeben, und die Sensibilität von Tumorzellen gegenüber der Strahlung blieb erhalten. Sollte sich die Wirksamkeit auch beim Menschen bestätigen, soll der Wirkstoff vor allem begleitend zu einer Strahlentherapie eingesetzt werden. Die Verwendung in Notfällen wie einem Atombombenangriff sei jedoch ebenfalls denkbar.

Lyudmila Burdelya (Roswell-Park-Krebsforschungsinstitut, Buffalo) et al.: Science, Bd. 320, S. 226 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel
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