Osthoff und seine Kollegen schreiben nun, dass die Nähe zum Meer den Smog noch verstärkt. Das Ozon entsteht gewöhnlich, wenn Sonnenlicht Stickoxide zu reaktionsfreudigen Radikalen zersetzt. Morgens ist die Luftqualität daher meist besser, da die Stickoxide nachts zu Boden sinken und unschädlich werden.
Doch winzige salzhaltige Nebeltröpfchen über dem Meer, so genannte Aerosole, können die Stickoxide binden. Auf einer Forschungsfahrt im Golf von Mexiko registrierten die Forscher mit einem speziellen Massenspektrometer die Konzentration von Stickoxiden und Chlorverbindungen. Sie stellten fest, dass die Aerosole mit Stickoxiden zu der Verbindung Nitrylchlorid reagieren. Wie die Forscher berichten, konnten sie diese Schlüsselverbindung erstmals in der unteren Atmosphäre direkt nachweisen. Bereits die ersten Sonnenstrahlen, stellten die Forscher fest, zersetzen diesen Stoff wieder zu Stickoxiden, die wiederum Sauerstoff-Moleküle spalten und damit eine Quelle für Ozon sind.
Beim Zerfall von Nitrylchlorid entsteht außerdem elementares Chlor, dass die Ozonproduktion ebenfalls ankurbelt: Chlor aktiviert sogenannte flüchtige organische Verbindungen (Volatile Organic Coumpounds, VOCs), die von den petrochemischen Anlagen freigesetzt werden.
Bislang war nicht bekannt, welche Rolle Meersalz bei der Ozonchemie in Bodennähe spielt. Anders als in der hohen Atmosphäre, wo die Ozonschicht UV-Strahlung abschirmt, ist das Gas in Bodennähe schädlich, weil es die Atemwege schädigt. Nach der Berechnung der Forscher erhöht das Meer die Ozonbildung in der Region Houston um ein Drittel. Der Effekt könnte überall da auf der Welt auftreten, wo sich in Küstennähe große Industriegebiete befinden ? also in der Umgebung vieler Megacities.