Eine bisher unbekannte Bakterienart hat einen ungewöhnlichen Lebensraum erobert: Sie kann in Haarspray existieren, haben japanische Forscher entdeckt. Die Mikroben, von den Wissenschaftlern zu Ehren eines Kollegen Microbacterium hatanonis getauft, sind verwandt mit verschiedenen Arten von Bodenbakterien, die unter anderem in Milch, Käse, Rindfleisch und Eiern vorkommen können. Kontaminationen von Haarspray mit M. hatatonis seien allerdings selten, erklärt das Team um Mohammad Bakir vom RIKEN-Forschungsinstitut in Saitama. Ob die Bakterien eine Gefahr für den Menschen darstellen, können die Wissenschaftler noch nicht sagen.
Microbacterium hatanonis ist stäbchenförmig, lässt sich mit bestimmten Farbstoffen anfärben und benötigt zum Überleben Sauerstoff. Zudem gedeiht es am besten bei 30 Grad Celsius und einem neutralen
pH-Wert, zeigt eine Analyse des neuen Bakteriums. Seine Gene deuten darauf hin, dass es zwar verwandt mit anderen Microbacterium-Arten ist, sich seine Entwicklungslinie jedoch irgendwann in der Vergangenheit von denen der anderen abgetrennt hat, so die Forscher.
M. hatanonis ist allerdings nicht der einzige Keim, den Bakir und seine Kollegen in Haarsprayproben identifizierten: Sie fanden außerdem die eng verwandte Bakterienart Microbacterium oxydans, die normalerweise in Material aus Krankenhäusern vorkommt. Ob, und wenn ja, welches Gefährdungspotenzial für die Gesundheit von den Bakterien ausgeht, soll nun im nächsten Schritt geklärt werden. Problematisch könnten die Mikroben vor allem für Menschen mit schlechtem oder unterdrücktem Immunsystem wie Leukämie-, Transplantations- oder Aids-Patienten sein. So wurden andere Microbacterium-Arten bereits im Blut von Leukämie-Patienten, auf Kathetern und im Knochenmark nachgewiesen, erklären die Forscher.
Kontaminationen von Kosmetikprodukten mit Bakterien sind insgesamt sehr selten, betont Studienleiter Bakir. Vollkommen unbekannt sind sie jedoch nicht. So hatten deutsche Wissenschaftler Mitte 2006 beispielsweise nachgewiesen, dass sich das Bakterium Pseudomonas aeruginosa sogar von Seife und Shampoos ernähren kann ? Substanzen, die aufgrund ihres Gehaltes an Detergenzien für die meisten anderen Mikroorganismen tödlich sind.
Mohammad Bakir (RIKEN-Forschungsinstitut, Saitama) et al.: International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology, Band 58, S. 654 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel