Kontaktlinsen könnten in Zukunft nicht nur zur Korrektur der Sehfähigkeit ihres Trägers eingesetzt werden, sondern auch als eine Art virtuelles Display direkt im Auge. Diese Vision schwebt zumindest amerikanischen Forschern vor, denen nun ein erster Schritt in Richtung einer solchen Technologie gelungen ist: Sie haben eine flexible, transparente Kunststofflinse hergestellt, in die elektronische Schaltkreise sowie Leuchtdioden eingebettet sind. Zwar könne der Prototyp noch keine Bilder erzeugen, er demonstriere aber, dass es im Prinzip möglich ist, die nötigen Komponenten zu kombinieren, erklärt Studienleiter Babak Parviz. Sein Mitarbeiter Harvey Ho stellte die neue Linse auf der IEEE-MEMS, einer internationalen Konferenz über mikroelektromechanische Systeme, in Tucson vor.
Der Prototyp der Display-Linse enthält einen Schaltkreis sowie rote LEDs für die Bilderzeugung. Problematisch bei der Konstruktion der Linse war nach Angaben der Forscher vor allem die Materialkombination: Organische Substanzen, die für die Verwendung im Körper geeignet sind, seien meist auch sehr empfindlich, während die Herstellung der Schaltkreise aus anorganischen Materialien wie Silizium hohe Temperaturen oder auch toxische Hilfsmittel erfordert. Die Wissenschaftler entwarfen daher die einzelnen Komponenten der Schaltkreise so, dass sie nur in einer einzigen Art und Weise aneinanderpassten, brachten sie auf eine flexible Kunststofffolie auf und warteten, bis sie sich mit Hilfe von Flüssigkeitsströmen selbst zusammengefügt hatten.
Zu sehen sind die winzigen Bauteile für den Träger nicht. „Wenn man durch eine fertige Linse hindurchschaut, würde man nur das, was das Display generiert, sozusagen als Überlagerung der eigentlichen Außenwelt sehen“, erklärt Parviz das Prinzip. Als nächsten Schritt wollen er und seine Kollegen nun eine Möglichkeit entwickeln, die Schaltkreise und LEDs kabellos zu steuern, und sie zudem mit einer eigenen Energieversorgung auszustatten. Denkbar wäre es hier etwa, Solarzellen oder Induktionsspulen einzusetzen, wie sie auch bei der RFID-Technik verwendet werden. Zur Verträglichkeit im Auge gibt es bereits erste Ergebnisse: Bei Kaninchen, denen die Prototypen für zwanzig Minuten eingesetzt wurden, hätten sich keine unerwünschten Nebenwirkungen gezeigt, so die Forscher.
Mögliche Einsatzbereiche für die Linsen-Displays sehen die Forscher etwa bei Piloten, die mit dem System auch ohne externen Monitor jederzeit über die aktuellen Daten ihres Flugzeugs oder die zurückzulegende Strecke informiert werden können. Auch für die Spiele-Industrie könnten sie interessant sein: Durch die Möglichkeit der Überlagerung kann ein Spieler vollständig in eine virtuelle Welt eintauchen, ohne seine Bewegungsfreiheit zu verlieren. Wann es tatsächlich eine funktionsfähige Linse geben wird, wissen die Forscher allerdings noch nicht. Eine ganz einfache Version könnte jedoch „ziemlich schnell“ verfügbar sein, meint Parviz.
Harvey Ho (Universität von Washington, Seattle) et al.: Mitteilung der University of Washington ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel
Das glaube ich nicht
