Peltier und seine Kollegen entwickelten nun erstmals eine Computersimulation, die sowohl das Klima als auch den Kohlenstoff-Kreislauf im Neoproterozoikum nachbildet. Wie sie schreiben, war die Erde eher ein Schneematsch-Ball als ein richtiger Schneeball. In ihrem Modell vereist der Planet nicht komplett, weil aus den Ozeanen mehr Kohlendioxid ausdampft als bislang angekomme – wahrscheinlich, weil sich bei den kalten Temperaturen mehr Sauerstoff im Meerwasser löste. Als das Gas in die Tiefsee gelangte, wandelte es dort reichlich vorhandenen organisch gebundenen Kohlenstoff in Kohlendioxid um. Das Gas wurde anschließend an die Luft abgegeben und wirkte dort als Treibhausgas. So wurde die völlige Vereisung verhindert, schreiben Peltier und Kollegen in der Zeitschrift „Nature“.
Dem Geologen Alan Kaufman von der University of Maryland zufolge hat das Modell allerdings Schwächen: Es könne nicht erklären, wieso sich in den Ablagerungen aus dem Neoproterozoikum Schichten aus Eisenmineralien und Kalkkrusten abwechseln, schreibt er in einem ebenfalls in „Nature“ veröffentlichten Kommentar. Die Eisenschichten deuten seiner Meinung nach eher darauf hin, dass die Meere in weiten Bereichen überhaupt keinen Sauerstoff enthielten. Zudem nehmen Peltier und seine Kollegen an, dass die Atmosphäre während des Neoproterozoikums bereits 21 Prozent Sauerstoff enthielt, genauso viel wie heute. Nach allgemeiner Ansicht war der Sauerstoffgehalt damals allerdings wesentlich geringer.
Das Neoproterozoikum interessiert Geologen unter anderen deswegen, weil nach dem Ende der Extrem-Eiszeiten plötzlich erstmals mehrzellige Tiere auf der Erde auftauchten. Viele spekulieren, dass die Umweltextreme der Schneeballzeit der Auslöser dieser „kambrischen Radiation“ waren.