Die Kraftwerke der Zellen haben auch einen Einfluss auf das Verhalten: Treten im Erbgut dieser Mitochondrien genannten Zellbestandteile Defekte auf, verändern Mäuse ihr Verhalten gegenüber Artgenossen. Das haben japanische Forscher um Atsuko Kasahara in Tests mit genetisch veränderten Nagern beobachtet. Verblüffenderweise hatten die Mäuse aber ein besseres räumliches Gedächtnis, berichteten die Forscher.
In ihren Experimenten blockierten die Wissenschaftler bei den Mäusen ein Gen im Erbgut der Mitochondrien. Diese Kraftwerke der Zelle stellen Energie in Form des Moleküls
ATP bereit. Sie besitzen ein eigenes, von der genetischen Information in den Zellkernen unabhängiges Erbgut. In dieser
mtDNA genannten Erbinformation veränderten die Forscher ein bestimmtes Gen, das für einen Prozessschritt in der Energiegewinnung der Zelle verantwortlich ist.
Die genetisch veränderten Mäuse erschienen zunächst gesund, hatten allerdings erhöhte Milchsäurewerte. Dies deutet darauf hin, dass die durch die Genveränderung gestörte ATP-Herstellung durch andere Stoffwechselmechanismen zur Energiegewinnung kompensiert wurde. In Verhaltenstests, in denen die Forscher beispielsweise die Reaktion von Mäusen auf fremde Artgenossen untersuchten, schnitten die genveränderten Nager jedoch schlechter ab als Mäuse ohne Gendefekt. In einem Labyrinth konnten sich die Tiere hingegen überraschenderweise besser orientieren.
Genetische Defekte in den Mitochondrien von Zellen können das Sozialverhalten und die kognitiven Leistungen von Organismen direkt beeinflussen, schließen die Forscher aus ihrer Arbeit. Fehlfunktionen von Mitochondrien werden beim Menschen mit einer ganzen Reihe von Krankheiten in Verbindung gebracht. Darunter fallen die Degeneration von Muskeln und des Gehirns wie beispielsweise bei Alzheimer und Parkinson.
Mitteilung auf der Jahresversammlung der amerikanischen Gesellschaft für Zellbiologie in Washington ddp/wissenschaft.de ? Martin Schäfer