Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Schlafentzug entfesselt die Gefühle

Erde|Umwelt Gesellschaft|Psychologie

Schlafentzug entfesselt die Gefühle
Amerikanische Forscher haben entdeckt, warum Menschen bei Schlafentzug häufig irrational reagieren: Das Gehirn schaltet in eine Art urtümlichen Zustand um, in dem nicht mehr das logische Denken dominiert, sondern das Gefühlszentrum. Dadurch können Gefühle und mit Gefühlen verbundene Bilder nicht mehr richtig in einen Kontext eingeordnet werden, und die Reaktionen beginnen unkontrolliert überzuschießen. Die Ergebnisse der Studie zeigten, wie problematisch Schlafentzug vor allem dann ist, wenn logische Entscheidungen getroffen werden müssen, wie beispielsweise bei medizinischem Personal, erklären die Forscher.

Für die Studie verzichteten 13 Freiwillige 35 Stunden lang auf Schlaf, während zum Vergleich eine weitere Gruppe von 13 Teilnehmern ihren normalen Schlafrhythmus beibehielt. Gegen Ende der Studiendauer bekamen alle Probanden 100 Bilder mit Motiven gezeigt, die mit Emotionen von neutral bis extrem belastend verbunden waren, wie etwa Abbildungen von Kindern mit Krebstumoren oder verstümmelte Leichen. Gleichzeitig bestimmten die Wissenschaftler mit Hilfe der funktionalen Magnetresonanztomographie, welche Hirnregionen der Testteilnehmer aktiv waren.

Die Reaktionen der müden Probanden unterschieden sich an zwei Schlüsselstellen von denen der ausgeschlafenen, zeigte die Auswertung: Zum einen provozierten die negativen Bilder in der Amygdala, einem Teil des Gefühlszentrums, nach dem Schlafentzug eine mehr als 60 Prozent höhere Aktivität als bei der Vergleichsgruppe. Zum anderen fehlte bei den müden Teilnehmer eine Kopplung zwischen der Amygdala und dem sogenannten präfrontalen Cortex, einer Hirnregion, die für logisches Denken und die Bewertung von Gefühlen zuständig ist. Stattdessen schien das Gefühlszentrum bei ihnen mit einem Areal namens Locus coeruleus verbunden zu sein. Es gehört zu den ältesten Teilen des Gehirns und steuert unter anderem den Fluchtreflex bei einer akuten Bedrohung.

Der Schlafentzug verhindert demnach, dass der präfrontale Cortex und damit das logische Denken die üblicherweise vorhandene Kontrolle über das Gefühlszentrum behält, schließen die Wissenschaftler. Ohne diese Steuerung reagiert die Amygdala über, was unter anderem die überzogenen Gefühlsausbrüche junger Mütter nach durchwachten Nächten erklären könne, berichten sie. Zudem lassen die Ergebnisse den Schluss zu, dass Schlaf nicht nur für die körperliche, sondern auch für die emotionale Regeneration unverzichtbar ist ? wahrscheinlich, weil er die Verbindung zwischen Amygdala und präfrontalem Cortex durch einen Neustart wieder in den Ausgangszustand versetzt. Außerdem legten die Messungen nahe, dass die mit vielen psychischen Krankheiten einhergehende Schlaflosigkeit möglicherweise nicht nur eine Begleiterscheinung ist, sondern Teil des Problems sein könnte, so die Forscher.

Seung-Schik Yoo (Harvard-Universität, Boston) et al.: Current Biology, Bd. 17, S. R877 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel
Anzeige
Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

Pos|ter  〈m. 3 od. n. 13〉 plakatives, großformatiges Bild ● politisches ~; Kunst~ [engl., ”Plakat“]

Lek|tü|re  〈f. 19; unz.〉 1 das Lesen 2 Lesestoff … mehr

Ska|ra|bä|us  〈m.; –, –bä|en〉 1 〈Zool.〉 1.1 〈i. w. S.〉 Angehöriger einer Familie der Blatthornkäfer: Scarabaeidae  1.2 〈i. e. S.〉 = Pillendreher … mehr

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige