Die Reaktionen der müden Probanden unterschieden sich an zwei Schlüsselstellen von denen der ausgeschlafenen, zeigte die Auswertung: Zum einen provozierten die negativen Bilder in der Amygdala, einem Teil des Gefühlszentrums, nach dem Schlafentzug eine mehr als 60 Prozent höhere Aktivität als bei der Vergleichsgruppe. Zum anderen fehlte bei den müden Teilnehmer eine Kopplung zwischen der Amygdala und dem sogenannten präfrontalen Cortex, einer Hirnregion, die für logisches Denken und die Bewertung von Gefühlen zuständig ist. Stattdessen schien das Gefühlszentrum bei ihnen mit einem Areal namens Locus coeruleus verbunden zu sein. Es gehört zu den ältesten Teilen des Gehirns und steuert unter anderem den Fluchtreflex bei einer akuten Bedrohung.
Der Schlafentzug verhindert demnach, dass der präfrontale Cortex und damit das logische Denken die üblicherweise vorhandene Kontrolle über das Gefühlszentrum behält, schließen die Wissenschaftler. Ohne diese Steuerung reagiert die Amygdala über, was unter anderem die überzogenen Gefühlsausbrüche junger Mütter nach durchwachten Nächten erklären könne, berichten sie. Zudem lassen die Ergebnisse den Schluss zu, dass Schlaf nicht nur für die körperliche, sondern auch für die emotionale Regeneration unverzichtbar ist ? wahrscheinlich, weil er die Verbindung zwischen Amygdala und präfrontalem Cortex durch einen Neustart wieder in den Ausgangszustand versetzt. Außerdem legten die Messungen nahe, dass die mit vielen psychischen Krankheiten einhergehende Schlaflosigkeit möglicherweise nicht nur eine Begleiterscheinung ist, sondern Teil des Problems sein könnte, so die Forscher.