Doch diese Technik hat Grenzen: Wird die Speicherdichte höher, müssen die Bits kleiner werden, was wiederum auch ihre Feldstärke verringert ? so lange, bis sie von einem herkömmlichen Lesekopf nicht mehr detektiert werden kann. Aus diesem Grund waren Wissenschaftler noch Mitte der 80er Jahre davon überzeugt, dass sich die Leistungsfähigkeit der magnetischen Detektoren nicht mehr signifikant verbessern lassen würde.
Daher war es vollkommen unerwartet, dass 1988 gleich zwei Forschergruppen unabhängig voneinander Materialien entdeckten, die einen extrem großen Magnetwiderstandseffekt aufwiesen: Ihr elektrischer Widerstand nahm um bis zu fünfzig Prozent ab, wenn sie einem Magnetfeld ausgesetzt waren. Zusammengesetzt waren diese Materialien aus mehreren Schichten, bei denen sich jeweils ein magnetisches und ein nicht-magnetisches Material ? in diesem Fall Eisen und Chrom ? abwechselten. Bei Grünberg und seinem Team handelte es sich um Systeme aus zwei Eisenschichten und einer Chromschicht, während die Gruppe um Fert Multischichtsysteme aus bis zu sechzig einzelnen Lagen untersuchte. Gemeinsam war beiden jedoch eine Besonderheit: Die einzelnen Schichten waren extrem dünn und wiesen eine Stärke von nur wenigen Atomen auf.
Zustande kommt das ungewöhnliche Verhalten durch eine Wechselwirkung des Magnetfeldes mit dem magnetischen Moment der einzelnen Elektronen, ihrem Spin: Liegen an zwei benachbarten Metallschichten gleich orientierte Magnetfelder an, können die Elektronen mit parallel zum Feld zeigenden Spin das System nahezu ungebremst passieren und der Widerstand ist gering. Sind die Felder in den beiden Schichten dagegen entgegengesetzt ausgerichtet, werden die Elektronen gestreut und der Widerstand nimmt zu.
Ein Lesekopf, der den GMR ausnutzt, besteht daher aus einer Schicht mit einer festgelegten Magnetisierungsrichtung und einer Schicht, die ihre Ausrichtung schon bei einem schwachen äußeren Magnetfeld ändert. Fährt man mit einem solchen Kopf dann über eine magnetische Festplatte, sind die Felder in den beiden Schichten abwechselnd gegenläufig und parallel, was zu einer ständigen Veränderung des Widerstandes und damit des Stromflusses führt.
Beiden Wissenschaftlern sei sofort klar gewesen, dass sie es mit einem bis dahin völlig unbekannten Effekt zu tun hatten ? und dass dieser Effekt große Möglichkeiten bot, so das Nobelkomitee. Grünberg reichte dann auch gleichzeitig mit seiner Veröffentlichung eine Patentanmeldung ein. Die Forscher sollten recht behalten: Bereits 1997, nachdem eine günstige Methode zur Herstellung der Schichtstrukturen entwickelt worden war, stellte IBM die erste kommerzielle Festplatte mit GMR-Lesekopf vor. Heute sind die Köpfe Standard in praktisch allen magnetischen Speichern und ermöglichen das Ablesen extrem hoher Datendichten.
Neben dem kommerziellen Erfolg bedeute die Arbeit von Grünberg und Fert jedoch auch einen technologischen Durchbruch, betont das Nobelkomitee: Sie habe die Tür zu einer neuen Elektronikform, der Spintronik, aufgestoßen ? jener Art von Elektronik also, bei der neben der Ladung des Elektrons auch sein Spin ausgenutzt wird. Die Spintronik wird nach Einschätzung von Experten in Zukunft noch leistungsfähigere Computer mit schnelleren und universelleren Speichern ermöglichen. Die Geschichte des GMR-Effekts demonstriere demnach eindringlich eine ungewöhnliche Verflechtung von Grundlagenforschung und technologischer Entwicklung, bei der eine unerwartete wissenschaftliche Entdeckung in kurzer Zeit in kommerzielle Produkte umgesetzt wurde und den Markt revolutionierte, so das Komitee.