Aus kosmischem Staub könnten im Weltall selbstständige Lebensformen entstehen. Das schließen Forscher aus einer Simulation, in der sie das Verhalten anorganischer Staubteilchen unter Weltraumbedingungen berechneten. Unter bestimmten Voraussetzungen lagerten sich die Staubpartikel zu mikroskopisch kleinen, spiralförmigen Fäden zusammen. Diese konnten sich teilen und ähnelten damit organischen DNA-Molekülen, die die Bausteine des Erbguts und damit des Lebens auf der Erde sind, berichten die Wissenschaftler.
Auf der Erde basiert alles Leben auf Kohlenstoffverbindungen, sogenannten organischen Molekülen. Viele Wissenschaftler konzentrieren sich bei der Suche nach außerirdischem Leben deshalb auf Spuren solcher kohlenstoffhaltiger Moleküle. Das Forscherteam aus Russland, Australien und Deutschland untersuchte stattdessen nun anorganische Teilchen, wie sie in kosmischen Staubwolken vorkommen. Dabei simulierten sie mithilfe eines Computermodells den Aggregatzustand, in dem sich fast die gesamte kosmische Materie befindet: das sogenannte
Plasma.
Unter bestimmten, für den interstellaren Raum typischen Bedingungen lagerten sich die einzelnen Staubpartikel zu elektrisch geladenen, spiralförmig gewundenen Fäden zusammen, die sich gegenseitig anzogen. Anders als zu erwarten, lagerten sich dabei Stränge mit der gleichen Ladung aneinander an. Des Weiteren konnten sich die Spiralen teilen oder gabeln, um zwei identische Kopien der Originalstruktur zu bilden.
Die im Modell beobachteten Eigenschaften machen die Staubteilchen nach Ansicht der Forscher zu Kandidaten für anorganisches Leben. „Sie sind selbstständig, sie vervielfältigen sich und sie können sich entwickeln“, erklärt Studienleiter Tsytovich. Er vermutet sogar, dass es auch auf der Erde ursprünglich anorganisches Leben gegeben haben könnte, das als Vorlage für die heutigen organischen Moleküle diente. Denn schlägt auf der Erde der Blitz ein, gibt es auch dort Plasma.
Vadim Tsytovich (Russische Akademie der Wissenschaften in Moskau) et al.: New Journal of Physics, Nr. 9, S. 263 ddp/wissenschaft.de ? Larissa Kessner