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Frühmenschliches Miteinander

Geschichte|Archäologie

Frühmenschliches Miteinander
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Im direkten Vergleich mit älteren Funden (hinten) ist der nun entdeckte Homo-erectus-Schädel (vorne) deutlich kleiner. Das deutet auf große Unterschiede zwischen Männern und Frauen hin. Bild: National Museums of Kenya/F. Spoor and J. Reader
Zwei neue Fossilienfunde aus Kenia lassen Zweifel an der bisher gängigen Theorie zur Entwicklung der Gattung Mensch aufkommen: Sie zeigen, dass die Frühmenschen Homo habilis und Homo erectus bis vor etwa anderthalb Millionen Jahren fast 500.000 Jahre lang Seite an Seite in der gleichen Region Afrikas lebten. Die Entdecker der Fossilien halten es daher für äußerst unwahrscheinlich, dass Homo habilis wie bislang angenommen der direkte Vorfahr von Homo erectus war. Vielmehr scheinen beide Frühmenschenarten von einem noch unbekannten gemeinsamen Vorfahren abzustammen, der vor zwei bis drei Millionen Jahren lebte.

Die beiden Fossilien wurden in der Koobi-Fora-Formation östlich des Turkana-Sees im Norden Kenias entdeckt, in der bereits eine ganze Reihe anderer Überreste früher Menschen und ihrer Vorfahren gefunden wurden. Es handelt sich um ein 1,44 Millionen Jahre altes Oberkieferfragment mit sechs Zähnen und ein ungewöhnlich gut erhaltenes Schädeldach mit einem Alter von 1,55 Millionen Jahren.

Der Kiefer gehörte nach Ansicht der Wissenschaftler einem Homo habilis und zeigt, dass diese Frühmenschenart noch sehr viel später als bisher angenommen in Afrika gelebt hat. Damit muss Homo habilis auch länger als vermutet mit dem ebenfalls zu dieser Zeit in Ostafrika heimischen Homo erectus zusammengelebt haben, erklären die Forscher. Wahrscheinlich, so ihre Vermutung, hatten die beiden Frühmenschen unterschiedliche Lebens- oder Ernährungsgewohnheiten und machten sich daher keine direkte Konkurrenz. Gleichzeitig stellt die lange Koexistenz das bisherige Bild einer linearen menschlichen Abstammungslinie infrage, nach dem sich Homo habilis zu Homo erectus weiterentwickelte, der dann Homo sapiens hervorbrachte.

Das etwas ältere Schädeldach schreiben die Anthropologen einem Homo erectus zu. Obwohl es von einem zwar jungen, aber mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgewachsenen Individuum stammt, ist es kleiner als alle bisher entdeckten derartigen Funde. Das zeigt eine unerwartet große Variationsbreite bei der Körpergröße von Homo erectus und deutet auf einen so genannten Geschlechtsdimorphismus hin, einen klaren Unterschied zwischen der Größe von Männchen und Weibchen. Sollte sich das bestätigen, wäre Homo erectus wohl doch nicht so menschenähnlich gewesen wie bislang angenommen, schreiben die Forscher: Ein starker Geschlechtsdimorphismus, wie er etwa bei Gorillas vorkommt, gilt als ein sehr ursprüngliches Merkmal der frühen Menschenaffen, das im Lauf der menschlichen Evolution verschwunden ist. Er könnte zudem ein Anzeichen dafür sein, dass Homo erectus eine ähnliche Fortpflanzungsstrategie verfolgte wie die heutigen Gorillas, bei denen sich ein dominantes Männchen mit vielen Weibchen paart.

Meave und Louise Leakey (Koobi-Fora-Forschungsprojekt in Nairobi) et al.: Nature, Bd. 448, S. 688 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel
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