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Eintönige Schneebälle

Astronomie|Physik

Eintönige Schneebälle
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Im April 2006 fotografierte das Hubble-Teleskop den Zerfall von Schwassmann-Wachmann-3. Bild: NASA, ESA, H. H. Weaver (JHU/APL), M. Mutchler and Z. Levay (STScI)
Das Schicksal des Kometen Schwassmann-Wachmann-3 ist besiegelt: Der Schweifstern befindet sich seit 1995 im Stadium der Auflösung, bei seinem letzten Umlauf um die Sonne im Frühjahr 2006 war er bereits in 68 Teile zerfallen. Astronomen bot der grandiose Kometentod allerdings die einmalige Gelegenheit, einen Blick ins Innere eines solchen Eisklumpens zu werfen.

Neil Dello Russo und seine Kollegen analysierten die chemische Zusammensetzung der beiden größten Fragmente B und C mit einem Infrarot-Teleskop der Nasa und dem Keck-Teleskop auf Hawaii. Da die Schwachmann-Wassmann-3-Trümmer in einem Abstand von nur elf Millionen Kilometern an der Erde vorbeiflogen, konnten die Forscher den Anteil flüchtiger chemischer Verbindungen mit beispielloser Genauigkeit messen.

Sie stellten fest, dass sich die chemische Zusammensetzung der beiden mehrere hundert Meter langen Bruchstücke stark ähnelt. Sie schließen daraus, dass Schwassmann-Wachmann-3 homogen aufgebaut war und dass sich sein Kern während seines langen Lebens kaum chemisch veränderte. Kometen gelten zwar als die primitivsten Körper im Sonnensystem, doch wenn sie auf eine Bahn geraten, bei der sie der Sonne nahe kommen, beginnen sie sich zu entwickeln: Bei jedem Umlauf um die Sonne erwärmt sich die äußerste Schicht, wodurch einige Stoffe verdampfen und außerdem chemische Reaktionen in Gang kommen.

Bei Schwassmann-Wachmann-3 fehlen einige für Kometen typische Stoffe, die besonders leicht verdampfen. Wie Dello Russo und seine Kollegen nun schreiben, liegt das aber nicht an der Einwirkung der Sonne. Der Komet scheint schon mit diesem Mangel auf die Welt gekommen zu sein, da auch die frisch zerplatzten Bruchstücke diese Anomalie aufweisen.

Schwassmann-Wachmann-3 gehört zur so genannten Jupiter-Familie, einer Gruppe von Kometen, deren Umlaufbahn zwischen Jupiter und der Sonne verläuft. Diese Schweifsterne stammen ursprünglich aus dem Kuiper-Gürtel jenseits des Planeten Neptun. Da auch viele andere Kometen aus dem Kuiper-Gürtel relativ wenig leichtflüchtige Kohlenwasserstoffe enthalten, vermuten die Forscher um Dello Russo, dass sie sich ursprünglich aus Material bildeten, aus dem die leichtflüchtigen Stoffe bereits verdampft waren.

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Merkwürdigerweise enthalten langperiodische Kometen aus der Oortschen Wolke in der Regel mehr flüchtige Stoffe als die Kuipergürtel-Kometen. Das ist ein Widerspruch, weil die langperiodischen Kometen weiter innen im Sonnensystem geboren wurden, wo höhere Temperaturen geherrscht haben müssen. Erst später wurden sie durch Jupiter und die anderen Riesenplaneten in die fernsten Außenbezirke des Sonnensystems geschleudert. Dello Russo und Kollegen haben jedoch für dieses Rätsel eine Erklärung: Sie vermuten, dass die Kometen der Oortschen Wolke womöglich zu einem früheren Zeitpunkt entstanden als Schwassmann-Wachmann-3 und seine Verwandten. So sammelten die fernen Schweifsterne Material ein, das den solaren Urnebel in einem ursprünglicheren Zustand repräsentiert.

Neil Dello Russo (Johns Hopkins University, Laurel, Maryland) et al.: Nature, Bd. 448, S. 172 Ute Kehse
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