Die Urahnen der Pandabären sahen wahrscheinlich schon vor etwa zwei Millionen Jahren aus wie kleinere Ausgaben ihrer heute lebenden Verwandten. Das zeigt der Fund des bislang ältesten Schädels eines solchen Zwerg-Pandas in einer Höhle im südlichen China. Wie sich anhand der Schädelgröße abschätzen lässt, war der kleine Bär wohl etwa 90 Zentimeter groß und damit erheblich kleiner als seine Nachkommen, die heute mehr als 1,50 Meter erreichen können. Die Form des Kopfes hat sich in der Zwischenzeit jedoch kaum verändert: Die kleinen Pandas besaßen bereits die gleichen auf Bambus und andere harte Pflanzenfasern spezialisierten Zähne und Kiefer wie die heutigen Exemplare, berichten Russell Chiochon und seine Kollegen.
Gefunden wurde der Schädel, der etwa halb so groß ist wie der eines Riesenpandas, in der Jinyin-Höhle in Guangxi, einem autonomen Gebiet im Süden Chinas. Mit einem Alter von mehr als zwei Millionen Jahren ist er der älteste bisher entdeckte Schädel eines frühen Pandabären und der einzige vollständige eines Angehörigen der Art Ailuropoda microta. Bisher hatten Wissenschaftler lediglich Zähne und Kieferteile dieser Bären gefunden, die Ciochon „Zwerg-Riesenpandas“ nennt. Aus diesem Grund lasse sich auch erst jetzt abschätzen, wie groß die Tiere in etwa wurden, so Chiochon.
Trotz vieler klimatischer Veränderungen während der vergangenen zwei Millionen Jahre hat sich die Anatomie des Schädels nicht grundlegend verändert, berichten die Wissenschaftler. So verfügte bereits der kleine Panda über robuste, flache Zähne, die auf das Zermahlen harter fasriger Nahrung spezialisiert waren. Diese Form, die an den Zähnen gefundenen Abnutzungsspuren und der Hinweis auf einen bestimmten Verlauf der Kaumuskeln deuten nach Ansicht der Forscher daraufhin, dass er sich genau wie seine modernen Verwandten von Bambussprossen ernährte. „Pandas sind einzigartige Bären, die einzige Bärenart, die ausschließlich von vegetarischer Nahrung lebt“, erklärt Chiochon. Der neue Fund zeige nun, dass diese Besonderheit die Pandas bereits seit Millionen von Jahren auszeichnet.
Der Schädel soll den Wissenschaftlern nun einerseits helfen, die Abstammungslinie der Pandabären genauer nachzuvollziehen. Andererseits kann er auch Auskunft darüber geben, wie die Umgebung der Tiere ausgesehen hat. So lebte der Zwerg-Riesenpanda beispielsweise in Bambuswäldern im Flachland, wahrscheinlich zusammen mit dem Ur-Rüsseltier Stegodon und dem ausgestorbenen Gigantopithecus, einem über drei Meter großen frühen Menschenaffen. Modernde Riesenpandas haben sich hingegen ? wohl auf der Flucht vor der Zivilisation ? in Bambuswälder im Hochland zurückgezogen.
Russell Chiochon (Universität von Iowa, Iowa City) et al.: PNAS, Bd. 104, S. 10933 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel