Körpereigene cannabisähnliche Botenstoffe wirken entzündungshemmend, haben Bonner Wissenschaftler in Laborversuchen mit Mäusen herausgefunden. Diese Botenstoffe, so genannte Endocannabinoide, docken im Körper an die gleichen Erkennungsstellen an wie der in Cannabis enthaltene Wirkstoff THC. Sie regulieren Abwehrreaktionen der Haut gegenüber Fremdstoffen. Kontaktallergien ? letztlich Immunreaktionen, die außer Kontrolle geraten ? könnten daher in Zukunft möglicherweise mit THC-haltigen Salben behandelt werden, schlägt das Team vor.
Dass der Körper
Endocannabinoide herstellt, ist schon seit zwanzig Jahren bekannt. Ihre Aufgabe war bislang jedoch nur ungenügend erforscht. Wie Meliha Karsak und ihren Kollegen nun auffiel, zeigen Mäuse häufiger Nickelallergien, wenn ihnen die Cannabinoid-Andockstellen fehlen. Denn diese Mäuse können die Botenstoffe nicht erkennen. In weiteren Versuchen lösten die Forscher bei Mäusen mit einem Allergen eine Kontaktallergie aus und blockierten bei einigen Tieren die Cannabinoid-Andockstellen medikamentös. Diese Tiere reagierten anschließend viel stärker auf die Allergene als jene mit unblockierten Andockstellen. Umgekehrt zeigten Mausstämme mit erhöhten Endocannabinoidwerten weniger Hautallergien.
Die körpereigenen Cannabinoide aktivieren die entsprechenden Erkennungsstellen der Hautzellen und verlangsamen so die Immunreaktion gegen Allergene, schreiben die Forscher. Die gleiche Wirkung hat THC. „Wenn wir den Tieren eine THC-Lösung auf die Haut pinselten, fiel die Schwellung deutlich geringer aus“, erklärt Thomas Tüting, einer der Mitautoren der Studie. Er schlägt vor, Cannabis-Salben zur Behandlung von allergischen Ekzemen und Kontaktallergien zu verwenden, wie sie besonders häufig gegen Nickel oder gegen bestimmte Inhaltsstoffe von Kosmetikprodukten auftreten. Eine solche Salbe hätte übrigens keine berauschende Wirkung ? die darin enthaltene THC-Menge wäre dazu viel zu gering.
Meliha Karsak (Universität Bonn) et al.: Science, Bd. 316, S. 1494 ddp/wissenschaft.de ? Fabio Bergamin