Maultierhirschweibchen verteidigen Jungtiere selbst dann gegen Kojoten, wenn es nicht die eigenen Nachkommen sind. Sogar artfremdem Nachwuchs kommen die Weibchen zu Hilfe, haben kanadische Forscher herausgefunden. Das altruistische Verhalten der Maultierhirsche, das keinerlei Gegenleistung erfährt, stellt die Wissenschaftler vor ein Rätsel. Denn die Maultierhirschweibchen folgen auch dann einem Hilferuf, wenn das eigene Junge ungefährdet neben ihnen steht. Vermutlich schrecken die Hirsche durch ihr aggressiveres Verteidigungsgebahren die Kojoten effizienter ab..
Die Forscher stellten außerhalb der Sicht der Hirsche Lautsprecher auf und ließen die Hilferufe von Jungtieren ertönen, wie sie typischerweise bei Kojotenattacken erklingen. Neben dem eigenen Nachwuchs sprangen die Muttertiere auch Jungen anderer Maultierhirschweibchen und sogar den Jungen der
Weißwedelhirsche bei, beobachteten die Biologen anschließend. Die nahe verwandten Weißwedelhirsche kümmerten sich hingegen nur um die eigenen Jungtiere. Die Forscher vermuteten zunächst, dass die Maultierhirsche die Laute der eigenen und fremden Jungen nicht auseinanderhalten konnten. Doch liefen die Weibchen selbst dann in Richtung des Hilferufs, wenn das eigene Jungtier bei ihnen war.
Beide Hirscharten unterscheiden sich in ihren Strategien, um sich der Kojoten zu erwehren. Die Weißwedelhirsche entziehen sich den Angreifern meist durch Flucht. Sie wenden sich nur dann gegen die Kojoten, wenn die eigenen Jungtiere attackiert werden. Maultierhirsche zeigen ein aggressiveres Verteidigungsverhalten, das auch fremde Jungtiere mit einschließt. „Vermutlich ist das ein simpler Überlebensreflex“, erklärt die Biologin Lingle. Diese Strategie scheint sich auszuzahlen: Kojoten reißen deutlich mehr Jungtiere der Weißwedelhirsche als von den wehrhaften Maultierhirschen
Susan Lingle (Universität von Alberta, Edmonton) et al.: Animal Behaviour, Bd. 73, S. 897 ddp/wissenschaft.de ? Martin Schäfer