Mithilfe der beiden Grace-Satelliten war es nun erstmals möglich, das langsame Ansteigen der Schwerkraft in Kanada zu messen. Die beiden Satelliten, die von der Nasa und vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt betrieben werden, befinden sich 220 Kilometer voneinander entfernt in einer 500 Kilometer hohen Umlaufbahn. Mithilfe reflektierter Mikrowellen können Abstandsänderungen zwischen den beiden Satelliten von der Größenordnung eines Tausendstel Millimeters gemessen werden. So lassen sich unregelmäßig verteilte Massen in der Erde aufspüren. Die Messungen von Grace sind so empfindlich, dass selbst ein jahreszeitlich schwankender Grundwasserspiegel bemerkt wird.
Ein Forscherteam um Mark Tamisiea analysierte nun Daten, die Grace zwischen April 2002 und April 2006 registriert hatte, um herauszufinden, ob das verschwundene Eis die einzige Ursache für das Schwerkraft-Tief über Kanada ist. Einige Wissenschaftler hatten seit einiger Zeit den Verdacht, dass absinkendes Mantelgestein ebenfalls dazu beitragen könnte. Da Konvektionsbewegungen im Mantel wesentlich langsamer vor sich gehen als das Zurückfedern der Kruste nach der Eiszeit, waren die Forscher in der Lage, die Prozesse zu unterscheiden.
Sie stellten fest, dass die nacheiszeitliche Hebung nur zwischen 25 und 45 Prozent zur Schwerkraft-Anomalie beiträgt. Außerdem zeigen die Daten, dass der Eisschild nicht einen, sondern zwei Gipfel hatte ? einen östlich und einen westlich der Hudson Bay. Den Forschern zufolge wird es noch weitere 300.000 Jahre dauern, bis der Eiszeit-Effekt in den Schwerkraft-Daten nicht mehr zu erkennen ist. Ähnliche Messungen, so hoffen die Forscher, können ihnen viel über das Verhalten der Eiszeit-Gletscher verraten ? aber auch darüber, wie nachgiebig das heiße, extrem zähflüssige Gestein des Erdmantels ist.