Amerikanische Biotechnologen haben Bäckerhefe mit einem Geruchssinn ausgestattet und sie so zu einem effizienten Biosensor für Sprengstoff gemacht: Sobald die Hefezellen Spuren von Dinitrotoluol, einem Verwandten von TNT, wahrnehmen, verfärben sie sich leuchtend grün. Auch wenn das bislang lediglich im Mikroskop sichtbar wird, sind die Wissenschaftler vom Nutzwert ihrer Methode überzeugt. So wollen sie in Zukunft mit maßgeschneiderten Hefezellen neben Sprengstoff auch Drogen nachweisen und neue Wirkstoffe identifizieren.
Um die Hefe mit einem Geruchssinn auszustatten, wie ihn sonst nur Säugetiere besitzen, mussten die Wissenschaftler eine ganze Reihe zusätzlicher Gene in die Einzeller einbauen. Dazu gehörten Erbgutsequenzen mit dem Bauplan für Duftstofferkennungsproteine ? so genannte
Rezeptoren ? an der Zelloberfläche ebenso wie Gene für verschiedene Botenstoffe, die das Andocken eines Duftstoffs ans Zellinnere melden. Zusätzlich koppelten die Biotechnologen den künstlichen Geruchssinn mit einer Art Kontrollleuchte: Sobald die Signalkette aus den verschiedenen Eiweißen als Reaktion auf einen Duftstoff anspringt, bilden die Hefezellen ein grün leuchtendes Protein, das dem Beobachter die Anwesenheit des entsprechenden Duftstoffs anzeigt.
Das Design der zusätzlichen Erbgutanteile ist so gewählt, dass mit relativ wenig Aufwand viele verschiedene Rezeptortypen in die Zellen eingebaut werden können, berichten die Wissenschaftler. Auf diese Weise können maßgeschneiderte Hefezellen für das Aufspüren spezieller Duftstoffe hergestellt werden. In ersten Labortests haben sich die kleinen Biosensoren bereits bewährt: Je nach eingebautem Rezeptor reagierten sie bereits auf geringe Konzentrationen von Vanillin, dem in Zitrusfrüchten vorkommenden Citronellal und anderen chemischen Teststoffen. Außerdem gelang es den Forschern, Hefezellen zu entwerfen, die Sprengstoffrückstände erkennen und durch ihr grünes Leuchten anzeigen konnten.
In Zukunft sollen die riechenden Hefezellen nach Angaben der Forscher aber nicht nur dazu dienen, Spuren von Gift- oder Sprengstoffen und Drogen aufzuspüren: Wird statt eines Duftstoffrezeptors beispielsweise ein krankmachendes Eiweiß in die Zellen eingebaut, können sie auch bei der Identifizierung neuer Medikamente helfen. Derartige Zellen leuchten nämlich nur dann grün auf, wenn ein passendes Gegenstück an das Eiweiß andockt ? und solche Gegenstücke blockieren im Körper nicht selten die Wirkung krankmachender Proteine.
Venkat Radhika (Temple-Universität, Philadelphia) et al.: Nature Chemical Biology, Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1038/nchembio882 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel