Erdbeben in der Himalaja-Region entstehen, weil das Gebiet an der Grenze zwischen zwei Kontinentalplatten liegt und sich hier die Indische Platte unter die Eurasische Platte schiebt. Bollinger und seine Kollegen glauben, dass die enormen Wassermassen des Monsuns die Plattenbewegungen und damit auch Erdstöße unterdrücken. Denn wenn auf der oberen Platte ein höheres Gewicht lastet, können die Platten weniger gut gleiten, so die Forscher. Eine alternative Erklärung wäre eine verzögerte erdbebenfördernde Wirkung des Wassers: Es sickert durch die Gesteinsklüfte bis zu den Plattengrenzen in etwa zehn Kilometern Tiefe und bildet dabei eine Art Ölfilm, auf dem die Platten besser gleiten können. Jedoch benötigt das Wasser bis zu sechs Monate, die Erdkruste zu durchdringen, weshalb der Effekt erst im Winter auftritt, so die Wissenschaftler.
Bollinger hält die zweite Theorie allerdings für unwahrscheinlich. „Das wäre ein großer Zufall, wenn das durchsickernde Wasser immer genau dann sein Ziel erreicht, wenn im Winter die meisten Erbeben auftreten“, erklärt der Geologe. Deshalb seien die Gewichtsschwankungen durch die Monsunregenfälle die wahrscheinlichere Ursache für die jahreszeitlichen Unterschiede der seismischen Aktivität. In weiteren Untersuchungen wollen die Forscher ihre Hypothese nun ausbauen und stärken.
Bereits in früheren Untersuchungen in den Alpen hatten deutsche Wissenschaftler einen Zusammenhang zwischen heftigen Niederschlägen und erhöhter seismischer Aktivität nachgewiesen. Ihren Ergebnissen nach erhöht der Regen jedoch die Häufigkeit von Erbeben, indem der steigende Wasserdruck in den Gesteinsporen Erdstöße auslöst.