Ob Menschen gefährlicher Gammastrahlung ausgesetzt waren, lässt sich nun in einem Bluttest nachweisen. Mit dem von amerikanischen Wissenschaftlern entwickelten Test können Mediziner schon innerhalb von wenigen Stunden feststellen, ob Menschen eine kritische Dosis radioaktiver Strahlung abbekommen haben. Damit ist die Diagnose bedeutend schneller als bisher verwendete Methoden, die etwa eine Woche dauern. Ein solcher Bluttest könnte nach Unfällen in einem Kernkraftwerk oder nach Angriffen mit einer so genannten schmutzigen Bombe eingesetzt werden, die bei der Explosion radioaktives Material in der Umgebung verteilt, erklärt das Forscherteam um John Chute von der Duke-Universität in Durham. Denn bei solchen Vorfällen muss das medizinische Personal in kurzer Zeit feststellen, welche Patienten der Strahlung ausgesetzt waren.
Chute und seine Kollegen untersuchten das Blut von Versuchsmäusen kurz vor und sechs Stunden nach einer Ganzkörperbestrahlung. Ebenso nahmen die Forscher Blutproben von
Leukämiepatienten, die im Rahmen einer Knochenmarktransplantation bestrahlt wurden. Insbesondere prüften die Wissenschaftler dabei, welche Gene in den weißen Blutzellen abgetastet und molekular umgesetzt werden. Dabei zeigte sich sowohl bei Mäusen als auch bei Menschen, dass die radioaktive Bestrahlung das Muster der Genaktivität in den Blutzellen verändert. Ob Menschen einer radioaktiven Strahlung ausgesetzt waren, können die Wissenschaftler anhand dieser Aktivitätsprofile mit einer Genauigkeit von neunzig Prozent aussagen.
Eine hohe Dosis radioaktiver Strahlung schädigt Blutzellen und Immunsystem, was zu Infektionen führen kann. Je früher eine Schädigung diagnostiziert wird, desto früher können Ärzte mit Therapien beginnen, etwa mit der vorsorglichen Verabreichung von Antibiotika. Laut Chute sollte mit der medizinischen Behandlung spätestens zwei bis drei Tage nach der radioaktiven Verstrahlung begonnen werden. Die Forscher wollen nun mit weiteren Untersuchungen bei Menschen die Genauigkeit ihres Bluttests verbessern.
New Scientist, Onlinedienst Originalarbeit: Holly Dressman (Duke-Universiät, Durham) et al.: PLoS Medicine, Bd. 4, Artikel e106 ddp/wissenschaft.de ? Fabio Bergamin