Die Raumsonde Cassini hat über dem Nordpol des Saturns eine riesige sechseckige Struktur in der Wolkendecke fotografiert, deren Durchmesser etwa doppelt so groß ist wie der der Erde. Die Formation, die in Teilen bereits auf Aufnahmen der Raumsondern Voyager 1 und 2 zu sehen war, scheint sich in den vergangenen zwanzig Jahren kaum verändert zu haben und besteht wahrscheinlich aus Lücken in der dichten Wolkendecke, die tief in die Atmosphäre des Gasplaneten hineinreichen. Besonders bemerkenswert finden Astronomen die nahezu perfekte Geometrie des Sechsecks, dessen Seiten sehr gerade und fast gleich lang sind. „Wir haben so etwas noch nie auf irgendeinem anderen Planeten gesehen“, kommentiert Kevin Baines vom Jet Propulsion Laboratory in Pasadena die Aufnahmen.
Das Sechseck, das sich etwa auf Höhe des 78. Breitengrades über dem Nordpol festgesetzt hat, ähnelt den so genannten Polarwirbeln auf der Erde, großen Tiefdruckgebieten, die in der Atmosphäre rotieren. Auf dem Saturn ist der Wirbel jedoch nicht kreisförmig wie seine Pendants auf der Erde, sondern eben sechseckig. Die Infrarotaufnahmen der Formation entstanden im Oktober 2006 aus einer Höhe von etwa 900.000 Kilometern über der obersten Wolkenschicht und zeigen, dass der Durchmesser der geometrischen Figur ungefähr 25.000 Kilometer beträgt. Das im Jahr 1980 zum ersten Mal beobachtete Sechseck erstreckt sich viel tiefer als bislang angenommen in die Atmosphäre und ragt zum Teil 75 Kilometer unter die obersten Wolkenschichten. Innerhalb der Formation gibt es eine Reihe von
Wolkenwirbeln, die „herumjagen wie Autos auf einer Rennstrecke“, wie es die Nasa formuliert.
Erst im vergangenen November hatte Cassini am Südpol des Saturns einen riesigen Wirbelsturm aufgenommen. „Es ist verblüffend, derartig frappierende Unterschiede an den entgegengesetzten Polen des Planeten zu sehen“, kommentiert Bob Brown vom Cassini-Team. „Am Südpol haben wir etwas, das wie ein Hurrikan mit einem gigantischen Auge aussieht, und am Nordpol diese geometrische Figur, die völlig andersartig ist“.
Im sichtbaren Bereich des Lichts ist das Sechseck momentan nicht zu sehen, da auf der Nordhalbkugel des Saturns Winter herrscht und der Nordpol daher im Dunkel der 15 Jahre andauernden Polarnacht liegt. Die Astronomen hoffen jedoch auf weitere Bilder, wenn während der nächsten zwei Jahre der Frühling einzieht. Dann wollen sie mithilfe der Form und der unerwartet geringfügigen Veränderung des Sechsecks im Lauf der Zeit auch mehr über die immer noch unbekannte Rotationsgeschwindigkeit des Planeten herausfinden.
Mitteilung der NASA ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel