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Unterschätzte Folgen psychischer Misshandlungen

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Unterschätzte Folgen psychischer Misshandlungen
Psychische Folter hat bei Gefangenen ähnliche Langzeitfolgen wie körperliche Misshandlungen, sagen Psychologen aus Großbritannien und Serbien. Die Wissenschaftler um Metin Basoglu von der University of London hatten in einer Studie 279 Opfer von Folter und Gewalt aus den Bürgerkriegen im ehemaligen Jugoslawien befragt. Waren die Befragten als Gefangene gezielter Manipulationen, Erniedrigungen oder extremem psychischen Stress ausgesetzt, litten sie mehrere Jahre später unter ähnlich starken Langzeitfolgen wie Gefangene, die in der Haft körperliche Folter erfahren hatten. Die vermeintlich harmloseren Formen des Drucks auf Gefangene sollten daher ähnlich beurteilt werden wie körperliche Folter, fordern die Wissenschaftler.

Basoglu und seine Kollegen ließen die überwiegend männlichen Probanden aus Sarajewo, Banja Luka, Rijeka und Belgrad Fragebogen ausfüllen, in denen sie Angaben zu Folter, Erniedrigungen und anderen Extremsituationen machen sollten, denen sie als Gefangene ausgesetzt waren. Zu den erlittenen Qualen gehörten sowohl körperliche Gewalt wie Schläge, Verbrennungen, elektrische Stromstöße oder Aufhängen an den Armen als auch auf den ersten Blick gewaltlose Arten der Folter. So erlebten einige der Gefangenen Scheinhinrichtungen, wurden Zeuge der Folter von Mitgefangenen, waren extremer Helligkeit oder extrem lauter Musik ausgesetzt oder mussten längere Zeit Augenbinden tragen. Die Wissenschaftler fragten die Betroffenen, ob und wie sie die jeweilige Situation unter Kontrolle hatten und als wie belastend sie diese empfanden. Zudem untersuchten Ärzte, ob die ehemaligen Gefangenen als Folge der Ereignisse unter posttraumatischen Belastungsstörungen oder anderen psychischen Erkrankungen litten.

Die erlittenen Qualen beurteilten die Probanden, die psychischen Varianten der Folter ausgesetzt waren, ähnlich hoch wie Gefangene, die auch körperlich misshandelt worden waren, ergab die Auswertung. Auch bei den psychischen Langzeitfolgen fanden die Wissenschaftler keine grundsätzlichen Unterschiede zwischen rein körperlicher und psychischer Folter. Der extreme Kontrollverlust in solchen Situationen spiele wohl eine große Rolle dabei, wie sich Folter auf einen Menschen auswirke, schreiben die Wissenschaftler.

Extreme Verhörtechniken und Beeinträchtigungen des Wohlbefindens wie Schlafentzug, Kälte, Dunkelheit, Isolation oder Drohungen scheinen ähnliche Folgen auf die Gesundheit eines Menschen zu haben wie körperliche Folter, schließen die Wissenschaftler aus ihren Ergebnissen. Diese Formen des Drucks auf Gefangene müssten daher ähnlich wie körperliche Folter beurteilt werden und dürften nicht verharmlost oder für unter bestimmten Bedingungen als akzeptabel angesehen werden, fordern die Wissenschaftler.

Metin Basoglu (University of London) et al.: Archives of General Psychiatry, Bd. 64, S. 277 ddp/wissenschaft.de ? Ulrich Dewald
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