Die Soldaten und die Pferde der berühmten chinesischen Terrakotta-Armee entstanden mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht am gleichen Ort: Der Ton der etwa 2.200 Jahre alten Figuren enthält ganz unterschiedliche Arten von Pollenkörnern, haben chinesische Forscher entdeckt. Bei den Pferden entspricht die Zusammensetzung der Körner in etwa der, die auch im Boden ihres Fundortes dicht am Grabhügel des ersten Kaisers von China vorherrscht. Das Material der Krieger birgt hingegen hauptsächlich Pollen von Bäumen, die an der Fundstätte nicht vorkommen. Demnach wurden die Pferdefiguren wohl direkt am Mausoleum gefertigt, während die Soldaten abseits davon hergestellt und dann zur Grabstätte transportiert wurden.
Mehr als 7.000 überlebensgroße Krieger und etwa 600 Pferde gehören nach heutigem Wissen zu der Armee aus Ton, die 1974 in der riesigen Grabanlage des im Jahr 210 vor Christus verstorbenen Kaisers Qin Shihuangdi in der Nähe der Stadt Xi’an entdeckt wurde. Wie und wo diese Figuren entstanden, ist jedoch auch über dreißig Jahre später noch völlig unklar. Zwar vermuten einige Wissenschaftler, dass Pferde und Soldaten in direkter Nachbarschaft des Mausoleums hergestellt wurden, doch bislang konnte diese These weder belegt noch entkräftet werden.
Licht ins Dunkel bringen könnten nun die Pollenkörner, die Ya-Qin Hu und sein Team aus den Scherben einer Pferde- und einer Soldatenfigur isolierten. Das Pferd habe dabei genau wie der Boden einer der Schachtanlagen, in denen die Figuren entdeckt wurden, hauptsächlich Pollen von Bäumen wie Kiefern und Ginkgo enthalten, berichten die Forscher. Im Ton des Kriegers dominierte dagegen der Pollen von krautigen Pflanzen wie Rüben, Mangold, Kohl, Beifuß und Wermut. Dass die Körner überhaupt erhalten geblieben sind und nicht beim Brennen zerstört wurden, führt Studienleiter Hu darauf zurück, dass die Temperaturen im Brennofen ungleichmäßig gewesen sein müssten. Dadurch sei der Brennvorgang vor allem bei dickeren Tonstücken nicht vollständig gewesen.
Da die Pferde sehr viel schwerer und aufgrund ihrer verhältnismäßig dünnen Beine auch empfindlicher waren als die Soldaten, erscheine eine Produktion in direkter Nähe des späteren Bestimmungsortes sinnvoll, spekulieren die Forscher. Bis heute ist lediglich etwa ein Viertel des riesigen Mausoleums Qin Shihuangdis, des ersten Kaisers von China, erschlossen. Der pyramidenförmig angelegte Grabhügel selbst gehört bislang nicht dazu, so dass nach wie vor unklar ist, war er enthält. Historischen Berichten zufolge soll es dort jedoch einen prunkvollen Nachbau des Kaiserpalastes und möglicherweise sogar des gesamten Herrschaftsgebietes geben.
Ya-Qin Hu (Chinesische Akademie der Wissenschaften, Peking) et al.: Journal of Archaeological Science (Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1016/j.jas.2006.10.026) ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel