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Mit den eigenen Waffen geschlagen

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Mit den eigenen Waffen geschlagen
Der Erreger der verheerenden Grippe-Pandemie von 1918 ist auch für Affen tödlich, hat ein internationales Forscherteam gezeigt. Werden die Tiere mit dem erst kürzlich im Labor rekonstruierten Virus infiziert, entwickeln sie die gleichen schweren Symptome wie Mäuse, an denen die Wissenschaftler den künstlichen Erreger bereits getestet haben. Ursache des aggressiven Verlaufs ist in beiden Fällen eine unkontrollierte Reaktion des Immunsystems, die schließlich das Gewebe der Atemwege zerstört. Da die Anatomie der Affen der des Menschen sehr viel stärker ähnelt als die der Maus, bestätigten diese Ergebnisse die These, dass auch beim Menschen eine außer Kontrolle geratene Immunreaktion für die Aggressivität des Virus verantwortlich war, so die Wissenschaftler.

Die so genannte Spanische Grippe tötete 1918 weltweit fast 50 Millionen Menschen und forderte ihre Opfer nicht wie andere Grippewellen vordringlich unter Alten, Kranken und kleinen Kindern, sondern unter jungen Erwachsenen. Schon seit langem versuchen Forscher daher herauszufinden, wie sich der Erreger von anderen unterschied. Eine intensive Untersuchung der krankmachenden Vorgänge ist jedoch erst seit der Rekonstruktion des Virus im Jahr 2005 möglich. Die ersten Studien, in denen die Wissenschaftler Mäuse mit dem wiederhergestellten Virus infizierten, deuteten bereits auf eine Schlüsselrolle des Immunsystems beim Krankheitsverlauf hin. Da der Körper von Mäusen jedoch häufig anders reagiert als der des Menschen, wiederholten Darwyn Kobasa und seine Kollegen diese Tests nun in Makaken, die als Primaten ein ähnlich aufgebautes Atemwegssystem besitzen wie Menschen.

Eingesetzt wurden dabei sowohl das rekonstruierte Virus von 1918 als auch ein verwandter, sehr viel weniger aggressiver Stamm, der heute noch Infektionen verursacht. Der Krankheitsverlauf war sehr unterschiedlich, beobachteten die Forscher. Beim aktuellen Stamm erreichten sowohl die Virenmenge als auch die Immunreaktion nach etwa sechs Tagen einen Höhepunkt und gingen danach deutlich zurück. Bei dem 1918-Stamm blieben beide Faktoren dagegen während der gesamten acht Untersuchungstage extrem hoch, mit der Folge, dass das Lungen- und Bronchiengewebe der Affen stark geschädigt wurde.

Es sei also die erste Verteidigungslinie der Körperabwehr, die sich beim Angriff der Viren gegen das eigene Körpergewebe richte und es zerstöre, so die Forscher. Das erkläre auch, warum 1918 gerade die kräftigen, gesunden Menschen gestorben sind, denn deren Immunsystem könne besonders viel Schaden anrichten. Die Wissenschaftler hoffen nun, auf der Basis ihrer Ergebnisse bessere Medikamente für mögliche zukünftige Grippepandemien entwickeln zu können, etwa indem sie antivirale Wirkstoffe mit solchen kombinieren, die die überschießende Immunantwort verhindern.

Darwyn Kobasa (Public Health Agency of Canada, Winnipeg) et al.: Nature, Bd. 445, S. 319 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel
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