Malaria und der Aids-Erreger HIV arbeiten in den Regionen Hand in Hand, in denen sich beide Epidemien überlappen. Während eines Malaria-Fieberschubs vermehren sich die HI-Viren im Körper eines Infizierten sehr rasch und verursachen so eine weitaus höhere Ansteckungsgefahr für dessen Sexualpartner. Andererseits sind HIV-Infizierte aufgrund ihres geschwächten Immunsystems anfälliger für Malariainfektionen. Die Folgen dieses Zusammenspiels sind fatal: So sind beispielsweise in der kenianischen Stadt Kisumu fast fünf Prozent der HIV-Infektionen und fast zehn Prozent der Malaria-Infektionen auf den gegenseitigen Effekt zurückzuführen. Das haben Laith Abu-Raddad von der University of Washington in Seattle und seine Kollegen in einem mathematischen Modell gezeigt.
Für ihre Berechnungen sammelten die Forscher Daten über die 200.000 Einwohner von Kisumu. Neben diesen sozialen Daten und medizinischen Grundlagen zu Infektionswahrscheinlichkeiten und Krankheitsverläufen berücksichtigt das mathematische Modell auch die Verbreitung und den Lebenszyklus der weiblichen
Anopheles-Mücke, die Malaria auf den Menschen überträgt. Versorgt mit allen Informationen, kann das Modell nun verschiedene Szenarien simulieren.
Die Ergebnisse zeigten, dass in Kisumu, wo Malaria nicht bekämpft wird, von 1980 bis heute 8.500 HIV-Infektionen und 980.000 Malariafälle auf das Konto der Synergie von Malaria und HIV gehen. Weiter errechneten die Forscher, dass Malaria den Anstieg der HIV-Infektionsrate bis 1995 um etwa zwei Jahre beschleunigt hat.
Die größte Zunahme an Infektionen entsteht dabei, wenn eine der beiden Raten sehr hoch und die andere sehr niedrig ist. Das Modell zeigte außerdem, dass Enthaltsamkeit von HIV-Infizierten während und bis acht Wochen nach Malaria-Fieberschüben ein sich merklich auf die HIV-Rate auswirken würde. Eher realisierbar wäre allerdings eine wirkungsvolle Prophylaxe und Behandlung von Malaria.
Abu-Raddad und seine Kollegen erklären mit ihrem Modell einen weiteren Faktor der rasanten Ausbreitung von HIV-Infektionen in Afrika südlich der Sahara. Sie weisen darauf hin, dass auch andere Parallel-Infektionen wie zum Beispiel Genitalherpes oder Tuberkulose einen Effekt auf die Ausbreitung haben könnten.
Laith Abu-Raddad (University of Washington in Seattle) et al.: Science, Bd. 314, S. 1603 ddp/wissenschaft.de ? Sabine Keuter