Doch wie kann die Spitze diese Kraft zustande bringen, ohne dabei einen Ansatzpunkt in der Umgebung zu haben? Alain Goriely von der Universität von Arizona in Tucson und Sebastien Neukirch von der Universität von Paris haben zur Erklärung dieses Phänomens zunächst einmal die Dimensionen des Systems verringert. In ihrer analytischen Studie betrachteten sie einen Stamm, der sich wie der Nähfaden um eine Spule windet. Statt drei mussten somit nur zwei Dimensionen untersucht werden.
Die Forscher nahmen dabei an, dass der Stamm von der Spitze abgesehen über seine gesamte Länge hinweg fest um die Spule gewickelt war. Nur die Spitze konnte sich frei bewegen. Wenn ihre Krümmung größer war als die Krümmung der Oberfläche der Spule, so berührte die Spitze diese nur in einem Punkt. Dies führte für bestimmte Konfigurationen zu Gleichgewichtslagen, fanden die Forscher.
Unter diesen Umständen wurde die Spitze des Stammes nur durch statische Kräfte aufrecht gehalten, und übte so eine Spannung auf den Rest des Stammes aus. Das Gleichgewicht trat dabei deshalb auf, weil ein seitliches Gleiten die Spannung nur noch weiter erhöht hätte.
Goriely und Neukirch stellten in ihrer Studie zudem ein numerisches Modell eines Klettervorgangs in drei Dimensionen auf. Die wesentlichen Schlussfolgerungen des vereinfachten zweidimensionalen Modells ließen sich so bestätigen. Insbesondere zeigten die Bewegungsgleichungen auf, dass das Klettern nur dann funktioniert, wenn die Durchmesser der haltgebenden Strukturen nicht zu groß sind – eine Erfahrung, die auch Winzer immer wieder machen