Nun fanden die Astronomen um Francesco Ferraro Hinweise auf das zweite Szenario. Mit einem besonderen Instrument des Very Large Telescope waren sie in der Lage, die chemische Zusammensetzung von mehr als hundert Sternen im Zentrum von 47 Tucanae gleichzeitig zu vermessen. Dort liegen die Sterne sehr dicht gedrängt: Im Zentrum des Kugelsternhaufens, einem Würfel mit einer Kantenlänge von einem Lichtjahr, befinden sich 4.000 Sterne. Astronomen nehmen daher an, dass Kollisionen oder Fast-Zusammenstöße dort sehr häufig sind.
Die Forscher um Ferraro fanden nun heraus, dass sechs der 43 vermessenen „Nachzügler“ besonders wenig Kohlenstoff und Sauerstoff enthalten. Dies bestätigt das Vampir-Szenario: Nur wenn ein Stern einem anderen Material stiehlt, kann eine derartig ungewöhnliche Element-Verteilung entstehen. Wenn zwei Sterne dagegen verschmelzen, sollte sich die Häufigkeit der Elemente nicht ändern.
„Unsere Entdeckung ist ein wichtiger Schritt zur Lösung des Rätsels, wie die blauen Nachzügler in Kugelsternhaufen entstehen“, sagt Ferraro. Der Kugelsternhaufen 47 Tucanae misst 120 Lichtjahre im Durchmesser und besteht aus Sternen mit einer Gesamtmasse von einer Million Sonnen.