Soll beispielsweise ein bestimmter Teil der Erbsubstanz abgelesen werden, trennt die Zelle zuerst die beiden in einer Doppelhelix verdrillten Stränge der DNA. Dadurch wird ein Strang frei und kann sozusagen als Matrize für die Fertigung der RNA dienen. Mithilfe eines Enzyms namens RNA-Polymerase wird dann nach und nach das RNA-Gegenstück zu jedem DNA-Baustein eingefügt, so dass eine Art Negativabdruck des DNA-Stranges entsteht.
Wie dieses Zusammenspiel zwischen DNA, RNA und RNA-Polymerase genau funktioniert, ist für Bakterienzellen schon seit Anfang der 1960er Jahre bekannt. Als Forscher jedoch versuchten, dieses Prinzip auf die Eukaryoten zu übertragen, stellten sie schnell fest, dass die Vorgänge dort sehr viel komplexer waren. So gibt es beispielsweise nicht ein einziges Startsignal wie bei Bakterienzellen, sondern mindestens fünf Molekülkomplexe, die zusammenarbeiten müssen, um die Transkription anzustoßen. Und selbst mit dieser Erkenntnis ließen sich noch nicht die vielen Erscheinungsformen erklären, die eurkaryotische Zellen annehmen können ? und die zumindest größtenteils auf eine unterschiedliche Regulation der Transkription zurückgehen.
Eines der Hauptprobleme bei der Untersuchung der Transkription in Eukaryoten war dabei die Verfügbarkeit geeigneter Untersuchungsobjekte. Komplexe Zellen zu kultivieren und auch zu analysieren ist sehr schwierig und zeitaufwändig. Erleichtert wurde diese Arbeit erst Mitte der 1980er Jahre, als Kornberg in der einzelligen Bäckerhefe ein geeignetes Modellsystem fand. An diesem Modell gelang es ihm, einen weiteren wichtigen Faktor für die Transkription zu identifizieren, einen riesigen Proteinkomplex namens Mediator.
Doch auch nach dieser Entdeckung blieb der Ablauf der verschiedenen Reaktionen während der Transkription weitgehend im Dunkeln ? bis zum Jahr 2001. Erst da gelang es Kornberg, die RNA-Polymerase und ihre Mitarbeiter sozusagen in flagranti zu erwischen: Er fror die Transkription mitten im Prozess ein, fertigte Kristalle aller beteiligten Moleküle an und analysierte den gesamten Kristallkomplex mithilfe von Röntgenstrahlen. Auf diese Weise erhielt er eine Art Schnappschuss, in dem sich jeder Faktor genau dort befand, wo er auch während der Transkription in der lebenden Zelle platziert ist. In späteren Experimenten konnte Kornberg dann auch noch andere Helfer des Kopiervorganges auf ein Bild bannen und so ihre Beteiligung an der Herstellung der Genabschrift festhalten.
Das genaue Verständnis der Transkription könnte in Zukunft nicht nur ermöglichen, Krankheiten wie Krebs, Herzerkrankungen und verschiedene Arten von Entzündungen effektiv zu bekämpfen, sondern hilft auch, die Unterschiede zwischen Stammzellen und spezialisierten Körperzellen genauer zu verstehen. Die detaillierte Beschreibung des Prozesses, ohne den es kein Leben gäbe und die erst durch Kornbergs Arbeit möglich wurde, sei genau die Art von wichtiger chemischer Entdeckung, die Alfred Nobel in seinem Testament zur Bedingung für die Vergabe des Chemie-Preises gemacht habe, so das Nobelkomitee.