Händewaschen reinigt auch das Gewissen, haben Wissenschaftler in Tests mit Freiwilligen gezeigt. Dachten die Probanden zum Beispiel an eine unmoralische Handlung aus ihrer Vergangenheit, verspürten sie anschließend einen verstärkten Drang, sich zu waschen. Wer seine Hände gewaschen hatte, war dagegen weniger hilfsbereit, denn er hatte sein Gewissen damit ja bereits beruhigt.
Die Probanden mussten zunächst an eine moralisch einwandfreie oder an eine verwerfliche Tat aus ihrer Vergangenheit denken. In einem Versuch durften sie anschließend als Geschenk ein antiseptisches Tuch oder einen Bleistift auswählen, in einem anderen mussten sie Wortteile zu sinnvollen Wörtern ergänzen. Dabei war es bei der Hälfte der Wörter möglich, sowohl einen die Reinheit betreffenden Begriff als auch ein anderes Wort zu bilden. So konnten etwa die Buchstaben “w?h” zu “wash” (waschen) oder zu “wish” (wünschen) ergänzt werden.
Das Resultat war eindeutig: Probanden, die an eine unmoralische Tat gedacht hatten, zogen das antiseptische Tuch dem Bleistift vor und bildeten häufiger reinheitsbezogene Begriffe als ihre Versuchskollegen. In einem weiteren Experiment beobachteten die Wissenschaftler zudem, dass Waschen auch die moralische Verpflichtung einem anderen gegenüber abschwächen kann: Als die Forscher die Teilnehmer fragten, ob sie für einen Studenten in einer anderen Studie einspringen könnten, erklärten sie sich weit seltener dazu bereit, wenn sie sich zuvor gewaschen hatten.
Die körperliche Reinigung wie das Baden oder Händewaschen ist seit Jahrtausenden ein wichtiger Bestandteil vieler religiöser Bräuche. Durch das symbolische Reinigen des Körpers soll auch das Gewissen gereinigt werden. Dies lasse auf eine in vielen Menschen verankerte Verbindung zwischen körperlicher und moralischer Reinheit schließen, erklären die Wissenschaftler.
Chen-Bo Zhong (Universität von Toronto) und Katie Liljenquist (Northwestern-Universität, Chicago): Science, Bd. 313, S. 1451 ddp/wissenschaft.de ? Katharina Schöbi