Die schnellste bekannte Körperbewegung der Welt haben Forscher beim Biss einer südamerikanischen Ameisenart gemessen: Ihre Kiefer schnappen mit 230 Kilometern pro Stunde zu und bewegen sich damit so rasant wie ein Schnellzug. Diesen Rekord haben die amerikanischen Biologen mittels hochauflösenden Videoaufnahmen belegt. Mit dem Biss packen die Ameisen mit dem Namen Odontomachus bauri nicht nur ihre Beute, sie können sich durch die enorme Wucht ihrer Kiefer auch bis zu vierzig Zentimeter weit wegkatapultieren.
Bei einer übermächtigen Bedrohung lassen die Ameisen ihre Kiefer gegen den Boden zuschnappen und katapultieren sich so in eine sichere Entfernung. Diesen Schleudereffekt können sie aber auch nutzen, um den Feind zu verletzen: Bei diesem Verteidigungsbiss packen die Ameisen ihren Gegner und schleudern ihn und häufig auch sich selbst durch die Luft.
Ein Muskelapparat am Kopf erzeugt die enorme Beschleunigungsenergie, die die Kieferzangen der Ameisen in weniger als einer Millisekunde auf Rekordgeschwindigkeit bringt. Die Muskeln übertragen ihre Kraft in einer Art Federmechanismus, der wie ein gespannter Bogen schlagartig seine Energie freisetzen kann. So erreicht dieses System seine explosive Beschleunigung, die durch eine herkömmliche Muskelkontraktion nicht möglich wäre, sagen die Forscher.
Die Rekord-Ameisen der Art Odontomachus bauri leben in weiten Teilen Mittel- und Südamerikas. Sie ernähren sich vorwiegend von Termiten und anderen Ameisenarten. Um diese Beute fangen zu können, haben sie ihren Hochgeschwindigkeitsbiss jedoch wohl nicht entwickelt, vermuten die Forscher. Der große Überlebensvorteil entsteht durch die Möglichkeit, ihren Feinden wie Spinnen oder Fröschen durch einen enormen Salto zu entkommen, sagen die Biologen.
Zeitlupenaufnahme einer katapultierten Ameise>>
Sheila Patek (Universität von Kalifornien, Berkeley) et al.: PNAS, Bd. 103, S. 12787 ddp/wissenschaft.de ?
Martin Vieweg