Gestresste Pflanzen merken sich negative Erfahrungen und vererben diese Information an ihre Nachkommen. Das haben Schweizer Wissenschaftler in Untersuchungen an der Ackerschmalwand herausgefunden. Um sich an Stresssituationen besser anpassen zu können, erhöhen die Pflanzen die Geschwindigkeit, mit der sich ihre Gene verändern, beobachteten die Forscher. Diese höhere so genannte Mutationsrate geben die Pflanzen auch an ihre Nachkommen weiter.
Die Forscher stressten die Pflanzen, indem sie sie ultravioletter Strahlung aussetzten oder mit bakteriellen Eiweißen behandelten. Als Folge dieser Faktoren stellten die Wissenschaftler bei den Pflanzen eine erhöhte Neigung zu genetischen Veränderungen fest. Auf diese Weise verbessern die Pflanzen ihre Chance, sich schneller an neue Umweltfaktoren anzupassen, erklären die Forscher. Diese erhöhte Mutationsrate konnten die Forscher bis in die vierte Nachfolgegeneration der Pflanzen nachweisen, obwohl diese den Stressreizen ihrer Ahnen gar nicht mehr ausgesetzt waren. Die erhöhte Neigung zu genetischer Variation wurde dabei durch so genannte
epigenetische Effekte weitergegeben. Dabei bleibt die Abfolge der genetischen Bausteine zwar erhalten, jedoch verändert sich die Aktivität der einzelnen Gene.
Mit dieser Informationsübermittlung verschaffen die Pflanzen ihren Nachkommen einen Vorteil, da diese sich so besser an die Umwelt anpassen können, folgern die Forscher. Mit ihren Tests an der Ackerschmalwand Arabidopsis thaliana haben die Forscher auf den gängigsten Modellorganismus für Pflanzenbiologen zurückgegriffen. Das unscheinbare Kohlgewächs hat für Pflanzengenetiker eine ähnliche große Bedeutung wie die Maus für die Säugetierforschung. Die Ergebnisse lassen sich so auch auf andere Pflanzenarten übertragen.
Jean Molinier et al. (Friedrich-Miescher-Institut der Universität Basel): Nature, Online-Vorabveröffentlichung, DOI:10.1038/nature05022 ddp/wissenschaft.de ?
Martin Vieweg