Amerikanische Forscher haben einen Wachstumsfaktor entdeckt, der die Regeneration von verletzten Nervenfasern im zentralen Nervensystem stimuliert. Normalerweise können die Nervenzellen im Hirn und Rückenmark von Erwachsenen nach Verletzungen nicht wieder wachsen. Die Substanz namens Oncomodulin könnte einmal bei der Behandlung von Nervenschäden im Auge eingesetzt werden, glauben die Forscher.
Die Wissenschaftler untersuchten
Sehnerven, die die
Netzhaut des Auges mit dem visuellen Zentrum im Gehirn verbinden. Diese Nerven dienen Forschern häufig als Modell, um die Erneuerung von Nervenzellen in Hirn und Rückenmark zu untersuchen. In ihrer Studie brachten die Forscher um Yuqin Yin von der
Harvard Medical School in Boston Nervenzellen der Netzhaut in einer Petrischale mit Oncomodulin und bestimmten anderen Substanzen in Kontakt. Daraufhin verdoppelte sich das Wachstum der Nervenfasern fast. Keine andere Substanz wirkte als ähnlich starker Wachstumsfaktor.
Auch bei Versuchen mit lebenden Ratten mit Verletzungen der Augennerven konnten die Forscher die wachstumsfördernde Wirkung von Oncomodulin beobachten. Die Substanz regte in den Tests die Regeneration der Nervenzellen um das fünf- bis siebenfache an. Die Forscher führen die Wirkung der Substanz darauf zurück, dass Oncomodulin eine Vielzahl von Genen anschaltet, die das Wachstum der Nervenzellen steuern.
Oncomodulin könnte sich eines Tages bei der Behandlung von Schäden an Nerven des Auges als nützlich erweisen, die durch Tumoren oder durch Verletzungen entstanden sind. Der Wachstumsfaktor könnte auch zur Behandlung des Grünen Stars eingesetzt werden. Bei dieser auch Glaukom genannten Augenkrankheit führt ein erhöhter Augeninnendruck zur Beschädigung des Sehnervs.
Die Forscher wollen nun erproben, ob die Substanz auch zur Behandlung von Nervenzellen eingesetzt werden kann, die bei Schlaganfällen oder Rückenmarksverletzungen geschädigt werden. Möglicherweise kann die Wirkung zudem noch durch zusätzliche Stoffe gesteigert werden, die Wachstumshemmstoffen entgegenwirken.
Yuqin Yin ( Harvard Medical School, Boston) et al.: Nature Neuroscience (Online-Vorabveröffentlichung, doi:10.1038/nn1701 ddp/wissenschaft.de ? Beate Förster