Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Warum aus Johannisbrotkernen das Karat wurde

Erde|Umwelt

Warum aus Johannisbrotkernen das Karat wurde
Die Samen des Johannisbrotbaums gelten als Ursprung der Gewichtseinheit Karat und wurden der Überlieferung nach ausgewählt, weil ihr Gewicht ungewöhnlich einheitlich ist. Doch letzteres ist wohl eher eine Legende, glauben Wissenschaftler aus Spanien und der Schweiz nach einer Analyse solcher Samenkerne: Das Gewicht der einzelnen Samen variiert beim Johannisbrotbaum nämlich ebenso stark wie bei vielen anderen Baumarten. Entscheidend für die Auswahl der Kerne war daher wahrscheinlich, dass sich Gewichtsunterschiede zwischen einzelnen Samenkörnern bei ihnen sehr gut schätzen lassen, vermuten die Forscher.

Die Samen aus den hörnchenförmigen Früchten des Johannisbrotbaums Ceratonia siliqua haben bereits eine lange Geschichte als Namensgeber für Gewichtseinheiten hinter sich. So kannten beispielsweise die Griechen ein kleines Gewichtsmaß namens Kerat, und auch die Römer verwendeten mit der Siliqua eine Wiegeeinheit, deren Namen von den harten, dunklen Kernen abgeleitet ist. Eine Siliqua hatte dabei wahrscheinlich ein Gewicht von 189 bis 192 Milligramm und war damit etwa so schwer wie das 1907 standardisierte Karat mit seinen 200 Milligramm.

Trotz dieser Beispiele aus der Antike bezweifelten Lindsay Turnbull und ihre Kollegen, dass die Johannisbrotbaumsamen wirklich ein so ungewöhnlich einheitliches Gewicht besitzen wie die Überlieferung behauptet. Um das zu testen, woben sie Samen von 28 Johannisbrotbäumen verschiedener Größe und unterschiedlichen Alters und verglichen die Daten mit denen von 63 anderen Baumarten. Das Ergebnis: Zwar lag das durchschnittliche Gewicht der Samen weiblicher Johannisbrotbäume tatsächlich um 200 Milligramm, die individuellen Abweichungen waren jedoch etwa genauso groß wie die bei allen anderen Baumarten.

Doch die Kerne haben eine andere Besonderheit, die möglicherweise ihren Erfolg als Maßeinheit erklären könnte, entdeckten die Forscher bei einem weiteren Test. Sie ließen zwanzig Freiwillige bei Paaren von Johannisbrotsamen schätzen, welcher der Kerne der schwerere ist ? mit einem überraschend deutlichen Ergebnis: In mehr als siebzig Prozent der Fälle lagen die Probanden richtig, selbst wenn der Unterschied im Gewicht nur etwa fünf Prozent betrug. Die Wissenschaftler vermuten daher, dass die Menschen früher lediglich eine Auswahl an Kernen mit sehr ähnlichem Gewicht als Maß einsetzten. Dafür spricht auch die Verteilung der Karatgewichte vor deren Standardisierung 1907: Die Bandbreite entspricht etwa der Fehlerquote beim Abschätzen des Samengewicht und ist damit deutlich geringer als die natürliche Variation des Gewichts.

Lindsay Turnbull ( Universität Zürich) et al.: Biology Letters, Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1098/rsbl.2006.0476 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel
Anzeige
Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

Ar|sen|kies  〈m. 1; unz.; Chem.〉 Mineral, chem. Eisen–Arsen–Sulfid; Sy Arsenopyrit … mehr

Gar|ten|kres|se  〈f. 19; unz.〉 aus dem östlichen Mittelmeergebiet stammender Kreuzblütler, Gartenpflanze, die als Küchenkraut u. Salatpflanze verwendet wird: Lepidium sativum

Bei|bre|che  〈f. 19; Bgb.〉 außer den Haupterzen mit abgebaute Steine

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige