Trotz dieser Beispiele aus der Antike bezweifelten Lindsay Turnbull und ihre Kollegen, dass die Johannisbrotbaumsamen wirklich ein so ungewöhnlich einheitliches Gewicht besitzen wie die Überlieferung behauptet. Um das zu testen, woben sie Samen von 28 Johannisbrotbäumen verschiedener Größe und unterschiedlichen Alters und verglichen die Daten mit denen von 63 anderen Baumarten. Das Ergebnis: Zwar lag das durchschnittliche Gewicht der Samen weiblicher Johannisbrotbäume tatsächlich um 200 Milligramm, die individuellen Abweichungen waren jedoch etwa genauso groß wie die bei allen anderen Baumarten.
Doch die Kerne haben eine andere Besonderheit, die möglicherweise ihren Erfolg als Maßeinheit erklären könnte, entdeckten die Forscher bei einem weiteren Test. Sie ließen zwanzig Freiwillige bei Paaren von Johannisbrotsamen schätzen, welcher der Kerne der schwerere ist ? mit einem überraschend deutlichen Ergebnis: In mehr als siebzig Prozent der Fälle lagen die Probanden richtig, selbst wenn der Unterschied im Gewicht nur etwa fünf Prozent betrug. Die Wissenschaftler vermuten daher, dass die Menschen früher lediglich eine Auswahl an Kernen mit sehr ähnlichem Gewicht als Maß einsetzten. Dafür spricht auch die Verteilung der Karatgewichte vor deren Standardisierung 1907: Die Bandbreite entspricht etwa der Fehlerquote beim Abschätzen des Samengewicht und ist damit deutlich geringer als die natürliche Variation des Gewichts.