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Affiges Lippenlesen

Erde|Umwelt Gesellschaft|Psychologie

Affiges Lippenlesen
Kleine Kinder können Gesichtsausdrücke von Affen besser interpretieren als ältere Kinder, haben amerikanische Forscher gezeigt: Im Alter von vier und sechs Monaten ist es den Kleinen ein Leichtes zu erkennen, welches von zwei gezeigten Affengesichtern gerade einen bestimmten Laut produziert, wogegen ältere Kinder dazu nicht mehr in der Lage sind. Dieser Unterschied spiegelt wider, wie sich die Wahrnehmung bei Kindern entwickelt: Zuerst nehmen sie alle Reize auf und beginnen erst mit steigender Erfahrung, die für sie wichtigen Informationen herauszufiltern und dabei andere Dinge zu ignorieren.

Wenn Kinder lernen, ihre Umwelt zu erfassen und zu verstehen, verändert sich ihre Wahrnehmungsfähigkeit nach einem bestimmten Muster: Zuerst stellen sie lediglich einfache Zusammenhänge auf der Basis grundlegender Sinneserfahrungen her. Diese breite, aber undifferenzierte Wahrnehmung wird im Lauf der Zeit immer weiter verfeinert, bis schließlich auch komplexere und abstraktere Informationen erfasst werden können. So können Kinder beispielsweise schon im Alter von zwei Monaten eine Verbindung zwischen Gesichtern und Stimmen herstellen, indem sie etwa auf die Dauer eines Tons und einer Mundbewegung achten. Ältere Kinder verlassen sich dagegen nicht mehr auf diese Informationen, sondern berücksichtigen bei der Stimmenzuordnung zum Beispiel das Geschlecht des Sprechers.

Diese Verfeinerung geht mit einem Filterprozess einher, beim dem auch bestimmte Fähigkeiten verloren gehen: Sechs Monate alte Kinder können etwa die Gesichter von Affen genauso gut auseinanderhalten wie die von Menschen, neun Monate alten Kindern gelingt das nicht mehr. Das gleiche gilt für die Zuordnung von Lautäußerungen zu Gesichtsausdrücken bei Rhesus-Affen, konnten David Lewkowicz und Asif Ghazanfar nun zeigen. Während die kleinen Kinder im Versuch hauptsächlich auf die Übereinstimmung der Dauer von Lippenbewegung und Ton achteten, suchten die älteren Kinder nach abstrakteren Informationen, die im Test jedoch nicht vorhanden waren. Aus diesem Grund gelang ihnen auch die Zuordnung nicht mehr.

Das sei durchaus sinnvoll, schreiben die Forscher: Am Anfang wird jede Kombination aus Stimmen und Gesichtern registriert, egal, ob sie bedeutsam ist oder nicht. Dazu gehört auch, die Gesichter von nichtmenschlichen Lebewesen genau zu beobachten. Erst das ermöglicht es dem Kind zu lernen, dass es wichtige Verbindungen zwischen unterschiedlichen Sinneswahrnehmungen gibt. Später werden zusätzlich auch anspruchsvollere Informationen ausgewertet, um die Wahrnehmung zu verfeinern. Das führt wiederum dazu, dass die zuvor registrierten Affengesichter als unwichtig kategorisiert und folgerichtig ignoriert werden, so die Forscher.

David Lewkowicz und Asif Ghazanfar ( Princeton-Universität): PNAS, Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1073/pnas.0602027103 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel
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