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Schatten der Vergangenheit

Erde|Umwelt

Schatten der Vergangenheit
Wanderheuschrecken haben ein gutes Gedächtnis für schlechte Zeiten, haben britische Forscher entdeckt. Lernen die Grashüpfer beispielsweise während einer Hungerperiode eine neue Futterart kennen, werden sie auch später immer wieder diese Kost bevorzugen ? selbst wenn es gleichwertige Alternativen gibt. Ursache dieses Verhaltens ist der große persönliche Gewinn, den genau dieses Futter dem Tier in der Vergangenheit gebracht hat: In seiner Erinnerung ist es mit dem Prädikat „besonders wertvoll“ versehen und wird deswegen auch später immer als lohnenswerter eingeschätzt als andere Nahrungsmittel.

Eigentlich hatten Verhaltensforscher immer geglaubt, Entscheidungen würden hauptsächlich von zwei Dingen geprägt: dem aktuellen körperlichen Zustand und dem erwarteten Gewinn der zur Verfügung stehenden Alternativen. In den vergangenen Jahren wurde jedoch bei Wirbeltieren und auch dem Menschen häufig beobachtet, dass der Ausgang einer Entscheidung nicht unbedingt die momentane Lage widerspiegelt. Vielmehr wird er von den Bedingungen einer Situation in der Vergangenheit geprägt, in der das Individuum vor einer ähnlichen Wahl stand. Warum sich im Lauf der Evolution ein solcher Mechanismus entwickelt hat, der in manchen Fällen zu irrational erscheinendem Verhalten führt, ist bislang allerdings noch nicht bekannt.

Um zu untersuchen, ob sich neben den Wirbeltieren auch Insekten von vergangenen Erfahrungen leiten lassen, brachten Lorena Pompilio von der Universität Oxford und ihre Kollegen einigen Wanderheuschrecken bei, Futterstückchen mit zwei verschiedenen Düften zu assoziieren. Einen der Gerüche lernten die Tiere dabei während einer Hungerperiode kennen und den anderen in einer Situation, in der ihnen ausreichend Futter zur Verfügung stand. Wurden ihnen dann später erneut die mit den Düften gekoppelten Futterstückchen vorgelegt, entschieden sie sich fast immer für die Alternative, die mit der Hungerperiode verbunden war ? unabhängig davon, ob sie zum Testzeitpunkt hungerten oder wohlgenährt waren.

Der Nahrungsmangel verursacht bei Grashüpfern eine steigende Empfindlichkeit der Geschmacksrezeptoren, schreiben die Wissenschaftler. Wenn sie also in Hungerzeiten ein Stückchen Getreide fressen, empfinden sie den Geschmack als sehr viel intensiver als sonst und erinnern sich auch später an dieses positive Gefühl. Dass nicht nur die hochentwickelten Wirbeltiere, sondern auch die sehr viel einfacher aufgebauten Insekten dieses Verhalten zeigen, deute auf eine wichtige Rolle dieser Art der Entscheidungsfindung während der Evolution hin, so die Forscher. Welche das ist, können sie allerdings noch nicht sagen.

Lorena Pompilio (Universität Oxford) et al.: Science, Bd. 311, S. 1613 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel
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